Der Aufruf von CSU-Chef Horst Seehofer, Pegida-Kundgebungen bis auf weiteres auszusetzen, verhallte offenbar ungehört. Auch an diesem Montag versammelten sich tausende Pegida-Anhänger in Dresden.
Trotz der Ankündigung, mit Blick auf die Terroropfer von Paris mit Trauerflor aufzumarschieren, waren nur wenige Deutschlandfahnen mit schwarzen Bändern zu sehen. Auffallend viele Teilnehmer waren an diesem Abend schwarz gekleidet.
Doch an ihrer islamkritischen Haltung haben weder die Aufrufe noch der Solidaritätsmarsch in Paris etwas geändert. Die Pegida-Anhänger schwenkten zahlreiche Deutschlandfahnen und Transparente mit der Aufschrift «Stopp
Multi-Kulti» und «Wir sind das Volk».
Trotz der politischen Debatte gegen die Pegida-Bewegung bleibt der Zustrom ungebrochen. Nach Angaben der Polizei beteiligten sich etwa 25'000 Menschen an dem zwölften sogenannten Abendspaziergang, um gegen eine angebliche Überfremdung zu demonstrieren. Die Organisatoren sprachen von 40'000 Teilnehmern.
Tatsache ist aber: Der Widerstand gegen Pegida nimmt zu. In Dresden hatten sich bereits am Samstag 35'000 Menschen zu einer Kundgebung für Weltoffenheit und Mitmenschlichkeit versammelt.
«Lasst unsere Moslems in Ruhe!»
In mehreren grossen Städten sind Zehntausende gegen die Anti-Islamisierungs-Bewegung auf die Strasse gegangen. In Leipzig stellten sich rund 30'000 Menschen dem Aufmarsch des Pegida-Ablegers Legida entgegen. In München nahmen rund 20'000 Menschen an einer Demonstration unter dem Motto «München ist bunt» teil. Wie in anderen Grossstädten gedachten sie auch der Opfer der Terrorattacken in Paris. Bei einer grossen Gegendemonstration in Hannover zählten die Veranstalter 11'000 Teilnehmer.
In München machten sich Anti-Pegida-Demonstranten auf Transparenten für «Freiheit und Toleranz» stark. «Wir stehen hier, weil wir das Feld nicht denen überlassen wollen, die versuchen, unsere Gesellschaft zu spalten», rief Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) bei der Kundgebung. «Wir stehen auf, gegen jede Form von Rassismus, Antisemitismus und rechter Gewalt.» Auf einem Plakat stand: «Lasst unsere Moslems in Ruhe!».
Nach Einschätzung von SRF-Korrespondent Casper Selg wächst Pegida «zwar im Nachgang zu den Attentaten in Paris weiter». Aber diejenigen, «welche sich für mehr Toleranz einsetzen, haben - zumindest am gestrigen Abend - ein wesentlich stärkeres Zeichen gesetzt».
Islam gehört zu Deutschland
Die Spitzen von Staat und Gesellschaft wollen denn auch an diesem Dienstag gemeinsam in Berlin mit den Muslimen in Deutschland gegen islamistischen Terror und für ein friedliches Zusammenleben der Religionen demonstrieren. Unter dem Motto «Zusammenstehen - Gesicht zeigen» haben der Zentralrat der Muslime und die Türkische Gemeinde eine Kundgebung vor dem Brandenburger Tor organisiert. Unter anderem ist eine Rede von Bundespräsident Joachim Gauck geplant.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte nach den Terroranschlägen in Paris vor einer pauschalen Verurteilung der rund vier Millionen Muslime, die in Deutschland leben. Der frühere Bundespräsident Christian Wulff hatte gesagt, der Islam gehöre zu Deutschland. «Dieser Meinung bin ich auch», sagte Merkel nach einem Treffen mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu.