Auf den Philippinen wächst die Klarheit über das Ausmass der Taifun-Katastrophe und die Mühen des bevorstehenden Wiederaufbaus. Neuen Schätzungen zufolge haben vier Millionen Menschen ihr Heim verloren. Demnach ist die humanitäre Krise viel grösser als zunächst gedacht – vergangene Woche war noch von 900‘000 Obdachlosen die Rede. Der Leiter von Caritas International, Oliver Müller, betonte: «Die absolute Zahl der Obdachlosen ist erschreckend.»
Laut jüngsten Behörden-Angaben kamen zudem mindestens 3976 Menschen ums Leben. Kurz nach dem verheerenden Wirbelsturm vor mehr als einer Woche waren allerdings über 10‘000 Tote befürchtet worden. Die Zahl der Vermissten wird mittlerweile mit 1590 angegeben.
Auch entlegene Gebiete erhalten Hilfe
Die internationalen Hilfsaktionen kommen allmählich auf Touren. Lieferungen mit Wasser, Nahrungsmitteln und Medikamenten erreichten am Wochenende auch entlegene Gebiete. Einen Grossteil transportierten Helikopter, die vom Flugzeugträger «USS George Washington» starteten. Doch in einigen Gebirgsregionen hungerten die Menschen weiterhin, mahnten die Vereinten Nationen (UNO).
Die Aufräumarbeiten und der Wiederaufbau werden für den Inselstaat zu einer Herkulesaufgabe. Nach UNO-Angaben wurden fast eine halbe Million Häuser durch den Taifun «Haiyan» beschädigt. Die Hälfte davon seien zerstört. Die Regierung beziffert die Schäden für Infrastruktur und Landwirtschaft auf umgerechnet 170 Millionen Euro.
Politik in Gummistiefeln
Die UNO warnte vor einer weiteren Verschärfung der Lage, sollte die philippinischen Reisbauern nicht rechtzeitig vor der nächsten Saatperiode im Dezember und Januar die erforderliche Unterstützung erhalten. Grosse Probleme gebe es auch im Fischfang, da der Sturm Fischteiche sowie Boote und andere Ausrüstung zerstört habe.
Währenddessen steht der philippinische Präsident Benigno Acquino noch immer stark unter öffentlichem Druck. Im In- und Ausland wurde die Regierung wegen schlechter Koordination kritisiert.
Am Sonntag verschaffte sich Acquino deshalb erneut persönlich ein Bild von der Lage im Katastrophengebiet. Die Regierung werde alle Hebel in Bewegung setzen, damit die Menschen mit allem versorgt werden, was nötig ist, versprach Aquino.
«Die Menschen hier wollen ihr Leben zurück, sie wollen nicht von Hilfspaketen leben», sagte der Bürgermeister der Stadt Guiuan auf der Insel Samar, Christopher Sheen Gonzales. «Wir sind fest entschlossen, die Stadt wieder aufzubauen.» Der Präsident versprach dazu alle erdenkliche Hilfe. «Aber ihr müsst auch selbst beim Wiederaufbau anpacken», sagte er Überlebenden. «Dann geht die Sache schneller.»
Internationale Hilfsgelder
Die EU erhöhte ihre Hilfsleistung um weitere sieben Millionen auf insgesamt 20 Millionen Euro. Der britische Premierminister David Cameron kündigte an, seine Regierung werde die Zahlungen an UNO-Organisationen und das Rote Kreuz auf umgerechnet fast 60 Millionen Euro erhöhen. Die Schweiz stellt für die Taifun-Opfer sechs Millionen Franken zur Verfügung.
-
Bild 1 von 12. Die Verzweiflung ist gross: Überlebende im Norden der Stadt Tacloban versuchen einen Teil der soeben ausgelieferten Notrationen zu ergattern. Andernorts erhalten nur Personen Hilfsgüter, die sich vorab im Gemeindehaus registriert haben. So soll sichergestellt werden, dass diejenigen Hilfe erhalten, die sie am dringendsten benötigen. Bildquelle: 17.11.13/Reuters.
-
Bild 2 von 12. Die höher gelegenen Gebiete im Westen von Tacloban sind mit den Fahrzeugen noch immer unerreichbar. Deshalb werfen Mitglieder der philippinischen Armee und der amerikanischen Air Force Säcke mit Reis, Kleidern und Wasser über den betroffenen Dörfern ab. Bildquelle: 17.11.13/Reuters.
-
Bild 3 von 12. Dutzende Helikopter versorgen mittlerweile die vom Taifun schwer gezeichnete Region. Dieser liefert Esspakete sowie Wasserflaschen zum Flughafen Tacloban. Bildquelle: 14.11.2013/Reuters.
-
Bild 4 von 12. Und so sieht die Lieferung konkret aus: Vorsichtig nähert sich der Helikopter dem Boden vom Flughafen Tacloban. Hier deponiert er seine Ladung, welche die Opfer des Supersturms vor dem Verhungern und Verdursten bewahren soll. Bildquelle: 14.11.2013/Keystone.
-
Bild 5 von 12. Etwas weiter entfernen zwei Helfer des philippinischen Roten Kreuzes umgestürzte Bäume vom Areal eines Strandhotels. Dieses wurde infolge der Katastrophe, die der Sturm Haiyan ausgelöst hat, in eine Notstation umgewandelt. Bildquelle: 14.11.2013/Reuters.
-
Bild 6 von 12. Am Flughafen Ben Gurion laden israelische Soldaten Wasser und Nahrung aus einem Truck, um sie ins Krisengebiet Tacloban zu fliegen. Israel kündigte an, 100 Tonnen Hilfsgüter und medizinisches Personal auf die Philippinen zu fliegen. Zudem will es sich an der Suche vermisster Personen beteiligen. Bildquelle: Reuters.
-
Bild 7 von 12. Flughafen Manila: Medizinische Helfer von der Internationalen Such- und Rettungshilfe Deutschland nutzen die Wartezeit, um sich von den Anstrengungen der Befreiung zu erholen. Später wird hier eine Maschine landen und gerettete Philippiner ausladen. Bildquelle: Reuters.
-
Bild 8 von 12. Ein Lichtblick am Horizont: Diese wenige Tage alten Zwillinge konnte die philippinische Armee aus der Misere in Tacloban befreien. Jetzt werden sie mit einer australischen Maschine in Provinzen geflogen, die nicht vom Taifun betroffen sind. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 9 von 12. Soldaten der philippinischen Armee haben sichtlich Mühe, die Wasserflaschen an die drängenden Menschen zu verteilen. Die Überlebenden mussten mehrere Tagen ohne Nahrung und Wasser ausharren. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 10 von 12. Ein philippinischer Armeeangehöriger auf Tacloban ermahnt die drängende Menschenmenge mit einem Megaphon zu Ruhe und Ordnung. Sie warten sehnlichst auf ein Militärflugzeug, das sie von ihrem zerstörten Zuhause fort bringen soll. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 11 von 12. Ob dieses kleine Mädchen mit ihrem Plüschtierhund in der Hand versteht, was in ihrem Zuhause vor sich geht? Diese Soldaten bringen sie und weitere Überlebende auf Tacloban in einer Militärmaschine in sichere Gebiete. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 12 von 12. Auch das Schweizerische Korps für humanitäre Hilfe ist vor Ort. Im Norden der Insel Cebu begleitet es die Übergabe von Lebensmittelpaketen an lokale Behörden. In diesen Paketen befinden sich unter anderem Salz, Zucker, Reis, Öl und Konserven, die für eine Woche ausreichen. Bildquelle: SKH/Michael Fichter/Keystone.