International - Pistorius-Prozess: Staatsanwalt fordert mindestens 10 Jahre Haft
Freiheitsstrafe von mindestens 10 Jahren oder Hausarrest und gemeinnützige Arbeit: Im Prozess gegen den Ex-Sprintstar Oscar Pintorius hielten Anklage und Verteidigung heute ihre Schlussplädoyers. Am Dienstag will das Gericht das Strafmass verkünden.
Eine Haftstrafe von mindestens 10 Jahren forderte Chefankläger Gerrie Nel im Prozess gegen Oscar Pistorius im südafrikanischen Pretoria. In seinem Schlussplädoyer wies der Staatsanwalt Forderungen der Verteidigung scharf zurück, Pistorius lediglich unter Hausarrest zu stellen und ihm gemeinnützige Arbeit aufzuerlegen.
Die Vorstellung, dass Pistorius dann in der Luxusvilla seines Onkels wohnen und erneut als Profisportler viel Geld verdienen könnte, nannte Nel angesichts des Leids der Opfer-Familie «schockierend». Die Tötung eines Menschen sei auch dann ein schlimme Tat, wenn sie fahrlässig erfolgt, erklärte Nel.
Verteidigung: «Pistorius hat alles verloren»
Wenn das Gericht den Angeklagten nicht so bestrafe, wie die Öffentlichkeit dies zu Recht erwarte, könne dies negative Rückwirkungen auf die gesamte Gesellschaft haben, so der Staatsanwalt weiter. Bei der Bestimmung des Strafmasses müsse das Leid der Familie des Opfers stärker berücksichtigt werden, als die Gefühle und die Behinderung von Pistorius. «Die Familie wird den Verlust niemals verwinden.»
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Video
Schlussplädoyers im Pistorius-Prozess
Aus Tagesschau vom 17.10.2014.
abspielen. Laufzeit 18 Sekunden.
Zuvor hatte Verteidiger Barry Roux dringend von einer Gefängnisstrafe für Pistorius abgeraten. Der Behindertensportler habe echte und tiefe Reue gezeigt. Er leide zutiefst darunter, dass er in tragischen Umständen versehentlich seine Freundin erschossen habe. Pistorius, der wieder in einem dunklen Anzug und mit einem schwarzen Trauerschlips erschienen war, brach während des Plädoyers zum wiederholten Mal in Tränen aus.
Urteil am Dienstag
Pistorius sei ein gebrochener Mann, erklärte Roux am vierten Tag der Strafmass-Anhörungen. «Er hat alles verloren», sagte Roux. «Er hat einen Menschen verloren, den er liebte, seine Selbstachtung, die meisten seiner Freunde, all sein Geld.» Direkt an die Richterin gewandt, fragte der Anwalt: «Ist das ein Mensch, den sie aus der Gesellschaft entfernen müssen? Wir sagen: Nein.»
Richterin Thokolize Masipa hatte den 27-Jährigen bereits im September der fahrlässigen Tötung seiner Freundin Reeva Steenkamp für schuldig befunden. Nun will sie am Dienstag das Strafmass verkünden. Möglich wären bis zu 15 Jahre Haft, aber auch nur ein weit kürzerer Hausarrest. Pistorius hatte die 29-Jährige in der Nacht zum 14. Februar 2013 durch eine geschlossene Toilettentür in seiner Villa nahe Pretoria erschossen.
Pistorius beteuert, die Person hinter der Tür für einen Einbrecher gehalten zu haben. Die Richterin hatte dies akzeptiert und die Anklage wegen Mordes aus Mangel an Beweisen zurückgewiesen. Für Mord hätte Pistorius obligatorisch eine lebenslange Haftstrafe bekommen - in der südafrikanischen Rechtspraxis 25 Jahre.
Der Fall Pistorius – eine Chronologie in Bildern
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Legende:
Model und Moderatorin Reeva Steenkamp und Paralympics-Star Oscar Pistorius waren seit November 2012 ein Paar. Am Abend des 13. Februars 2013 kommt Steenkamp zu ihrem Freund Pistorius nach Hause – dann fallen vier Schüsse. Am 14. Februar wird die 29-jährige Steenkamp gegen 4 Uhr Ortszeit erschossen aufgefunden.
Keystone/ Archiv (4. November 2012)
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14./15. Februar 2013: Pistorius wird nach den tödlichen Schüssen auf seine Freundin Reeva Steenkamp festgenommen. Wegen Mordverdachts erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage.
Reuters
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Legende:
21. Februar 2013: Es wird bekannt, dass der leitende Polizeiermittler im Fall Pistorius, Hilton Botha, selbst unter dem Verdacht des siebenfachen versuchten Mordes steht. Er wird von seinen Aufgaben entbunden.
Keystone
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Legende:
22. Februar 2013: Pistorius kommt überraschend gegen Kaution von einer Million Rand (etwa 95'000 Franken) und Auflagen frei. Der Richter kritisiert Staatsanwaltschaft und Polizei: Es gebe keine klaren Beweise für eine vorsätzliche Tat. Aber auch Pistorius' Aussage sei widersprüchlich.
Keystone
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Legende:
3. März 2014: In Pretoria beginnt unter den Augen der Weltöffentlichkeit der Prozess gegen Oscar Pistorius. Das Verfahren wird zu grossen Teilen live im Fernsehen und Radio übertragen. Zahlreiche Journalisten aus der ganzen Welt verfolgen den Prozess.
Keystone
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10. März 2014: Bei der Aussage des Pathologen, der Steenkamps Leiche obduziert hat, bricht Pistorius zusammen und übergibt sich.
Reuters
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Legende:
19. März 2014: Die tödlichen Schüsse durch die geschlossene Badezimmertür werden vor Gericht erörtert. Der Ballistiker belastet den Angeklagten mit seiner Aussage schwer. Demnach hätte die 29-Jährige zwischen den Schüssen Zeit gehabt, zu schreien, bevor sie starb. Pistorius hätte somit wissen können, wer hinter der geschlossenen Tür war.
Keystone
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Legende:
7. April 2014: Oscar Pistorius tritt erstmals selbst in den Zeugenstand und wird von seinem Verteidiger Barry Roux befragt. Er berichtet, wie oft er in der Vergangenheit Opfer und Zeuge von Gewaltverbrechen wurde. Die Aussage soll belegen, dass sich der Angeklagte nicht ohne Grund vor einem Einbrecher in seinem Haus fürchtete.
Keystone
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Legende:
9. April 2014: Zum ersten Mal nimmt Staatsanwalt Gerrie Nel Oscar Pistorius ins Kreuzverhör und setzt ihn unter Druck. Der Ton im Gericht ändert sich deutlich. Nel lässt ein Video zeigen, das Pistorius und einen Freund bei Schiessübungen auf eine Melone zeigt. Darin sagt Pistorius, dass die Melone «viel weicher sei als ein Gehirn».
Reuters
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26. Mai 2014: Der Angeklagte wird auf Anordnung des Gerichts Tagespatient in der Psychiatrie. Die bis zum 20. Juni dauernde Beobachtung soll Aufschluss über die Schuldfähigkeit geben. Eine Psychiaterin hatte Pistorius eine Angststörung bescheinigt.
Reuters
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30. Juni 2014: Pistorius ist laut psychiatrischen Gutachtern voll schuldfähig. Der Staatsanwaltschaft verliest die Expertisen in Auszügen in der Verhandlung.
Reuters
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8. Juli 2014: Die Beweisaufnahme wird abgeschlossen. Insgesamt hatten Anklage und Verteidigung 36 Zeugen aufgeboten. Die 66-jährige Richterin Thokozile Masipa (rechts) wird das Urteil gegen Pistorius fällen.
Reuters
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Legende:
7. August 2014: Der Anwalt des Paralympics-Stars Oscar Pistorius weist in seinem Schlussplädoyer den Mordvorwurf zurück und plädiert auf Freispruch. Sein Mandant habe sich gegen einen vermeintlichen Einbrecher wehren wollen.
Keystone
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8. August 2014: Staatsanwalt Gerrie Nel bezichtigt Pistorius in seiner Schlussrede der Lüge und erklärt, der Sportler habe die Wahrheit bei seinen Aussagen stets zu seinen Gunsten verdreht. Er habe einen vorsätzlichen Mord begangen und müsse in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen werden. Pistorius' Verteidiger fordert Freispruch.
Reuters
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11. September 2014: Richterin Thokozile Masipa spricht Pistorius von den Vorwürfen des Mordes und des Totschlages frei. Pistorius wird emotional durchgeschüttelt. Die Fortsetzung der Urteilsverkündung wird auf den Folgetag verschoben.
Reuters
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12. September 2014: Pistorius wird wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässigen Waffengebrauchs in einem Fall schuldig gesprochen – das Strafmass ist noch offen. Es liegt allein im Ermessen der Richterin.
Reuters
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12. September 2014: Für die Familie des Opfers ist das Urteil ein harter Schlag. Vater Barry Steenkamp verliess den Saal vorzeitig.
Reuters
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17. Oktober 2014: Nach viertägigen Anhörungen fordert die Staatsanwaltschaft mindestens zehn Jahre Haft. Die Verteidigung plädiert auf Hausarrest sowie gemeinnützige Arbeit. Im Bild: Richterin Thokozile Masipa.
Reuters
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21. Oktober 2014: Richterin Thokozile Masipa verurteilt Pistorius wegen der tödlichen Schüsse zu fünf Jahren Haft. Für den fahrlässigen Gebrauch einer Waffe in einem anderen Fall verhängt sie ausserdem drei Jahre Haft auf Bewährung gegen den 27-Jährigen. Er wird nach der Strafmassverkündung sofort ins Gefängnis gebracht.
Reuters
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10. Dezember 2014: «Erfolg» für Staatsanwalt Gerrie Nel: Ein südafrikanisches Gericht lässt die von der Staatsanwaltschaft beantragte Berufung zu. Sie hatte am 27. Oktober angekündigt, den Schuldspruch und das Strafmass anzufechten. Damit wird der Fall Pistorius neu aufgerollt.
Reuters
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13. März 2015: Der Einspruch von Pistorius' Verteidigung gegen das Berufungsverfahren wird abgewiesen. Der Prozess wird definitiv neu aufgerollt.
Reuters
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20. Oktober 2015: Die Sprecherin der Familie Pistorius, Anneliese Burgess, verkündet den Medien: Oscar Pistorius wird aus der Haft in den Hausarrest entlassen. Dies hatte die Kommission für vorzeitige Haftentlassung am 15. Oktober entschieden. Er hält sich im Haus seines Onkels Arnold auf.
Reuters
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3. Dezember 2015: Ein Berufungsgericht kippt das Urteil der fahrlässigen Tötung aus erster Instanz. Richter Eric Leach verurteilt Oscar Pistorius neu wegen Mordes. Der Angeklagte habe mit klarer Absicht gehandelt. Zur Bestimmung des Strafmasses geht der Prozess zurück ans Obergericht in Pretoria.
Reuters
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8. Dezember 2015: Pistorius wird auf Bewährung in Hausarrest entlassen. Dieser wird bis zum Urteilstermin verlängert.
Reuters
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6. Juli 2016: Das zuständige Gericht in Pretoria verkündet das Strafmass. Pistorius wird zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt.
Keystone
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