Polens Ministerpräsidentin Beata Szydlo hat die Vorwürfe aus der EU gegen ihr Land wegen der umstrittenen Reformen des Verfassungsgerichts und der Mediengesetze klar zurückgewiesen. Bei einer Aussprache im Europäischen Parlament betonte Szydlo, es habe «keinerlei Verletzung der Verfassung» gegeben.
Sie wolle hier vor dem EU-Parlament die «Bedenken ausräumen», sagte Szydlo in Strassburg. Werte wie Freiheit, Gleichberechtigung und Souveränität seien «unabdingbar». Deshalb «vernehmen wir in Polen mit Schmerzen ungerechte Äusserungen», die offenbar auf «Desinformation oder schlechten Willen» zurückzuführen seien.
Acht Richter der Opposition im Verfassungsgericht
Szydlo verteidigte vor dem EU-Parlament das umstrittene polnische Verfassungsgerichtsgesetz: «Wir weichen in keiner Weise von den Gegebenheiten anderer europäischer Länder ab.» Vielmehr sei eine «Verletzung der Verfassung» durch die Vorgängerregierung korrigiert worden.
«Die frühere Regierung hat zu viele Richter benannt. Wir haben nun 15 vereidigte Richter am Verfassungsgericht, lediglich fünf davon sind von meiner Regierung ernannt worden. Wir haben niemals angestrebt, das Verfassungsgericht zu dominieren», sagte Szydlo. Die Regierung sei einverstanden, dass acht von 15 Richtern von der Opposition benannt würden.
Verteidigung des neuen Mediengesetzes
Zum neuen Mediengesetz merkte Szydlo an, dass es auch hier keine Verletzung europäischer Rechtsvorschriften gebe: «Vielmehr versuchen wir dafür zu sorgen, dass die Medien apolitisch und objektiv berichten können». Polen habe «viele Jahrzehnte für die Meinungsfreiheit gekämpft und wir lassen uns das nicht wegnehmen», sagte die Ministerpräsidentin.
Sie und ihre Regierung seien bereit, der EU-Kommission über alle strittigen Themen Rede und Antwort zu stehen, sagte Szydlo.
Wir sind Teil des geeinten Europa und das ist von unschätzbarem Wert.
EU leitet Verfahren zur Lage der Rechtsstaatlichkeit ein
Hintergrund des Streits zwischen Polen und der Europäischen Union sind Gesetze der neuen nationalkonservativen Regierung, die sich gemäss Kritikern gegen die Medienfreiheit und gegen die Unabhängigkeit der Justiz richten. Die EU-Kommission hatte vergangene Woche zum ersten Mal in der Geschichte der Union ein Verfahren zur Lage der Rechtsstaatlichkeit im Mitgliedsland Polen eingeleitet.
Derzeit stehe man am «Anfang des Prozesses» des Verfahrens der Rechtsstaatlichkeit, sagte der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, im EU-Parlament. Die Kommission respektiere jedenfalls den souveränen Charakter Polens und hoffe, die Fragen in Kürze gemeinsam lösen zu können.
«Aber so wie die Dinge aussehen, gibt es Institutionen des polnischen Staates, die nicht in Übereinstimmung mit Urteilen des Verfassungsgerichts stehen», sagte Timmermans weiter. Er sehe die Gefahr, dass daraus eine systematische Bedrohung für den Rechtsstaat erwachsen könne.