Nach einer monatelangen innenpolitischen Krise zwischen Regierung und Opposition kam es in der mazedonischen Stadt Kumanovo gestern zu einem Polizeieinsatz gegen eine bewaffnete Gruppe. Kumanovo liegt im Norden Mazedoniens, an der Grenze zu Serbien und dem Kosovo.
Bei der Polizeiaktion seien seit Samstagmorgen acht Polizisten getötet und 37 weitere verletzt worden. Die Aktion richtete sich gegen eine Gruppe Bewaffneter. Von ihnen sollen 14 Personen getötet worden sein. Dies teilte der mazedonische Innenministeriumssprecher Ivo Kotevski am Sonntagnachmittag mit. Medienberichte sprachen allerdings von «40 toten Uniformierten», die nach dem Ende der Polizeiaktion noch identifiziert werden müssten.
Starke Polizeikräfte seien am frühen Samstagmorgen gegen «gut bewaffnete Terroristen» vorgerückt, die «aus einem Nachbarland» nach Mazedonien eingedrungen seien, berichtete Kotevski bereits am Samstag in Skopje.
Die bis zu 70 Mann starke Gruppe habe sich mit Unterstützung örtlicher Albaner in der Region versteckt und Angriffe auf öffentliche Einrichtungen und eine Militärkaserne geplant, sagte Kotevski weiter.
Amtlichen Angaben zufolge sind bislang 30 Personen verhaftet worden.
Polizeieinsatz soll in Kürze enden
Auch am Sonntagmorgen waren immer noch Schüsse zu hören, berichtete die lokale Zeitung «Kumanova Sot». Hubschrauber kreisten wieder über der Stadt 40 Kilometer nordöstlich von Skopje. Der Einsatz im fast nur von Albanern bewohnten Stadtteil werde in Kürze beendet, erklärte der Sprecher des Innenministeriums am Sonntagnachmittag weiter.
Europäische Union besorgt
Hunderte Einwohner der drittgrössten Stadt im Land flüchteten über die Grenze nach Südserbien, wo ebenfalls Albaner wohnen. Belgrad hatte zusätzliche Sonderpolizeikräfte in Richtung Grenze in Marsch gesetzt und hat für Sonntag eine Sitzung des Sicherheitsrats einberufen. Auch die albanische Minderheit in Südserbien ist traditionell auf Konfrontation zu Belgrad eingestellt.
Nach dem Kosovo und Albanien rief am Sonntag auch die Europäische Union zur Zurückhaltung auf. Der EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn äusserte sich «zutiefst besorgt» über die Gewalt und forderte, jede weitere Eskalation zu vermeiden.
Serbische Medien warnen vor der Errichtung eines «Gross-Albaniens»
«Gross-Albanien klopft an die Tür», prangte am Sonntag auf dem Titel der grössten Zeitung «Blic» in Belgrad: «Es droht ein Gross-Albanien.» Dieses werde neben der Republik Albanien, dem fast nur noch von Albanern bewohnten Kosovo sowie West-Mazedonien und dem Osten von Montenegro auch Teile des nordwestlichen Griechenland umfassen. «Serbien droht Krieg», titelte am Sonntag die Zeitung «Kurir».
Zwischen der slawischen Bevölkerungsmehrheit und den Albanern, die schätzungsweise bis zu 30 Prozent der Einwohner Mazedoniens stellen, war es in der Vergangenheit immer wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen gekommen. Zuletzt waren im Jahr 2001 bürgerkriegsähnliche Kämpfe nur durch Vermittlung der EU beendet worden.