Das Verfassungsgericht Portugals schlug am Donnerstagabend zu: Es kippte einen der wichtigsten Punkte des drastischen Sparetats für 2014.
Die Richter des «Tribunal Constitucional» (TC) hatten ihr Veto gegen das geplante Gesetz zur Konvergenz zwischen den privaten und öffentlichen Rentensystemen eingelegt. Die Massnahme sei als verfassungswidrig zurückgewiesen worden. Dies sagte der vorsitzende Richter Joaquim Sousa Ribero. Das Land wollte mit dem Gesetz allein nächstes Jahr 710 Millionen Euro einsparen.
Präsident brachte Stein ins Rollen
Die Überprüfung der Konvergenz war von Präsident Cavaco Silva beantragt worden. Das Staatsoberhaupt, das der liberal orientierten Sozialdemokratischen Partei (PSD) von Passos Coelho angehört, hatte den Verdacht geäussert, durch das Gesetz werde das Prinzip des Vertrauensschutzes verletzt. Das wurde nun von Sousa Ribeiro bestätigt.
Ehemalige Staatsbedienstete, die mehr als 600 Euro brutto Rente im Monat beziehen, sollten ab 2014 Kürzungen von rund zehn Prozent hinnehmen. Das Parlament hatte das Sparprogramm für das kommende Jahr im November verabschiedet – das härteste seit 1977: Es sieht Einsparungen von 3,9 Milliarden Euro vor. Das entspricht 2,3 Prozent des Bruttoinlandprodukts.
Mahnwache vor dem Präsidentenpalast
Dagegen lief die breite Masse Sturm. So auch am Donnerstagabend. Zum Zeitpunkt des Gerichtsurteils protestierten Tausende in Lissabon vor dem Präsidentenpalast gegen die seit zweieinhalb Jahren anhaltenden Sanierungsmassnahmen.
Zur «Mahnwache» vor dem Präsidentenpalast hatte der Gewerkschafts-Dachverband CGTP aufgerufen. Der CGTP rief Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva auf, ein Veto gegen den strengen Sparhaushalt für 2014 einzulegen.
Drohender Bankrott abgewendet
In seiner Rede feierte Gewerkschaftsboss Arménio Carlos die Entscheidung der Richter. Er forderte den Rücktritt der Mitte-Rechts-Regierung von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho. «Diese Regierung hat es nicht verdient, zu regieren. Wir werden den Kampf fortsetzen, bis diese Regierung geht», rief er in die jubelnde Menge.
Mit einem 78 Milliarden Euro schweren Hilfspaket hatten die EU und der Internationale Währungsfonds Portugal 2011 vor einem drohenden Bankrott bewahrt. Im Gegenzug verpflichtete sich Lissabon zu einem strengen Sanierungsprogramm. Das ärmste Land Westeuropas steuert bei einer Rekordarbeitslosenrate von rund 17 Prozent bereits auf das dritte Rezessionsjahr in Folge zu.