Die Rücktritte der beiden wichtigsten Minister der Mitte-Rechts-Regierung haben Portugal ins Chaos gestürzt. Nach dem Finanzminister Vítor Gaspar trat am Dienstag auch der Aussenminister Paulo Portas zurück. Portugiesische Zeitungen berichten, dass noch weitere Minister ihren Rücktritt vorbereiteten.
Nun mischen sich auch die Bürger ein: Hunderte Menschen gingen in Lissabon in der Nacht auf Mittwoch in Lissabon und in Porto auf die Strasse, um auch die Absetzung des Ministerpräsidenten Pedro Passos Coelho zu fordern.
Massendemonstration am Samstag
Die Opposition und die Gewerkschaften bekräftigten ihre Forderung an Präsident Aníbal Cavaco Silva, so schnell wie möglich Neuwahlen anzusetzen. Der grösste Gewerkschaftsdachverband, der CGTP, kündigte für Samstag eine Massenkundgebung an, um Passos aus dem Amt zu jagen.
Präsident Cavaco will sich mit Regierungschef Passos treffen. Er werde am Donnerstag die Lage zunächst mit dem Regierungschef und anschliessend mit Vertretern der im Parlament vertretenen Parteien erörtern, teilte das Präsidialamt mit.
Bisher hatte Cavaco, der der Sozialdemokratischen Partei (PSD) von Passos angehört, Neuwahlen ausgeschlossen. Ministerpräsident Passos schloss eine freiwillige Amtsniederlegung mit den Worten aus: «Ich trete nicht zurück, ich lasse mein Land nicht im Stich».
Börsen auf Talfahrt
Die Regierungskrise schickte die Börsen in Europa auf Talfahrt. An der Börse in Lissabon gaben die Kurse nach, der Aktienindex notierte mehr als sechs Prozent im Minus. Die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen stiegen erstmals seit November über 7,5 Prozent. Portugal will bis Mitte 2014 wieder vollständig an den Kapitalmarkt zurückkehren.
Neues Hilfspaket?
Das strenge Sparpaket, mit der die Finanzen Portugals saniert werden sollten, sei durch die Regierungskrise in Frage gestellt, sagt der Journalist Thomas Fischer aus Lissabon im Gespräch mit SRF. «In einem Jahr läuft das Hilfspaket aus und Portugal sollte an den Finanzmärkten wieder normal funktionieren können». Das allerdings, nach der Einschätzung Fischers, sei fast unmöglich. «Vielleicht muss die portugiesische Regierung über ein neues Hilfspaket verhandeln.» Welche Regierung dies tun müsse, eine neue oder die bestehende, sei zurzeit offen.