Russland hat das neue Urteil des Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) im Fall des Kremlkritikers Michail Chodorkowski «mit Genugtuung» aufgenommen. Die Richter hatten zuvor den international kritisierten Prozess nicht als politisch motiviert anerkannt. Ein Verstoss gegen Artikel 18 der Europäischen Menschenrechtskonvention sei nicht festzustellen, entschied das Gericht in Strassburg.
«Feiges Urteil»
Allerdings sahen die Richter mehrere Rechtsverletzungen in dem international kritisierten Verfahren als erwiesen an. Sie sprachen dem seit 2003 inhaftierten Ex-Ölmagnaten eine Entschädigung in Höhe von 10‘000 Euro zu.
Menschenrechtler in Moskau reagierten entsetzt. «Das Urteil ist nicht nur mild, sondern auch feige», sagte die bekannte russische Aktivistin Ljudmila Alexejewa der Agentur Interfax. Die Anwältin von Chodorkowski, Karinna Moskalenko, bewertete das Urteil als Beleg dafür, dass ihr Mandant keinen fairen Prozess bekommen habe. Grundrechte seien massiv verletzt worden.
Sie forderte, den Fall neu aufzurollen. Das Gericht habe mehrere Rechtsverletzungen in dem Verfahren von 2005 wegen Steuerhinterziehung, Veruntreuung und Betrugs anerkannt.
Bereits 2011 hatte der EGMR im Fall von Chodorkowskis Festnahme ähnlich wie jetzt geurteilt und das harte Vorgehen Russlands insgesamt als rechtens angesehen. Allerdings wurden auch damals einige Grundrechtsverletzungen festgestellt. Chodorkowski war wegen Öldiebstahls und anderer Vorwürfe in zwei Prozessen zu einer Gesamtstrafe von 13 Jahren Lagerhaft verurteilt worden.