Die Parteispitze des rechtsextremen Front National hat sich bei einer Sitzung gegen dessen einstige Gallionsfigur gestellt. Vorerst ist der Ehrenvorsitz Jean-Marie Le Pens lediglich ausgesetzt. Innerhalb von drei Monaten soll er dem 86-Jährigen dann aber von einem ausserordentlichen Parteitag endgültig aberkannt werden. Dies teilte der Front National am Abend in Nanterre bei Paris mit.
Jean-Marie Le Pen selbst hatte sich geweigert, an der Sitzung des Exekutivbüros teilzunehmen, da dieses einem Gericht gleiche und seine Würde verletze. Schliesslich sei er absolut unschuldig: «Ich spreche frei, was einige Leute schockiert», sagte Le Pen.
Der Beschluss der Parteispitze ist auch ein Sieg der aktuellen Parteichefin Marine Le Pen im Machtkampf mit ihrem Vater. Sie hatte sich endgültig von diesem distanziert, nachdem er die Gaskammern der Nationalsozialisten zum wiederholten mal als «Detail der Geschichte» verharmlost hatte.
Für seine Tochter und Nachfolgerin war der Parteigründer mit solchen Aussagen zunehmend zur Belastung geworden. Marine Le Pen versucht seit Jahren, dem rechtsextremen Front National ein bürgerliches Image zu verschaffen.
Le Pen will sich auch künftig nicht zurückhalten
Jean-Marie Le Pen verurteilte seinen Quasi-Rausschmiss als «Treuebruch» seitens seiner Tochter. Er sei überzeugt, dass die Parteimitglieder über die Vorgehensweise des Exekutivkomitees «empört» sein werden und kündigte an, einen möglichen Einspruch gegen die Entscheidung prüfen zu wollen.
Marine Le Pen konterte laut der Zeitung «Le Figaro», ihr Vater ertrage den Gedanken nicht, dass der Front National ohne ihn voranschreiten und gute Ergebnisse erzielen könne. Mit einer Strategie, die nicht die seine sei und an die er nie geglaubt habe.
Jean-Marie Le Pen hatte den Front National 1972 mitbegründet und während rund vier Jahrzehnten geführt. Anfang 2011 trat er die Parteiführung an seine Tochter Marine ab.