Vor kurzem wurde der Chef der Polizeibehörden in Chicago entlassen, nachdem einer seiner Polizisten 16 Mal auf einen schwarzen Jugendlichen geschossen hatte. Der Direktor der Universität von Missouri musste seinen Stuhl räumen, nachdem schwarze Studentengruppen kritisierten, er habe kein Gehör für ihre Anliegen. In Baltimore, Cincinnati und Albuquerque wurden Polizisten wegen Mordes an Schwarzen angeklagt, landesweit waren es drei Mal soviele wie im Vorjahr.
Richard Ford, Bürgerrechtsprofessor der Universität Stanford, sagt: «Seit Ferguson hat es eine Bewegung gegeben, Black lives Matter. Sie thematisiert Gewalt gegen Schwarze systematisch. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten gibt es in den USA eine anhaltende Diskussion über Rassendiskriminierung.» Dazu beigetragen habe, dass Übergriffe der Polizei immer öfter mit Handykameras dokumentiert werden. Somit sorgte die Polizeigewalt auch ausserhalb der betroffenen schwarzen Bevölkerungsgruppe für Aufsehen.
Gewalt gegen Schwarze: Tabuthema im Präsidentschaftswahlkampf
Bei Hillary Clinton, Jeb Bush und den anderen Anwärtern fürs US-Präsidentenamt kommt das Thema Rassendiskriminierung aber nicht vor. Ein Politiker oder eine Politikerin könne viel verlieren, wenn sie das umstrittene Thema anspreche, erklärt Ford. Er oder sie könne die kleine Fraktion der Bürgerrechtsaktivisten vergraulen oder die grössere Fraktion der weissen Menschen, die sich durch den demographischen Wandel in der Bevölkerung bedroht fühlten.
Deshalb schwiegen die Präsidentschaftsanwärter lieber. Auch die Demokraten gehen davon aus, dass sie die afroamerikanische Bevölkerung automatisch wählt.
Das Phänomen Trump - Spiel mit der Angst
Eine Ausnahme ist Donald Trump. Der Immobilienmogul foutiert sich um die Meinung anderer, beleidigt Frauen, Mexikaner und fordert eine Einreisesperre für Muslime. Gegen Schwarze sagt er bisher wenig. Warum?
Charles Henry, emeritierter Professor der Universität Berkeley, sieht ihn in der Tradition des rechtspopulitischen Präsidentschaftskandidaten George Wallace, der in den sechziger und siebziger Jahren kandidierte und die Rassentrennung propagierte. Da aktuell in den USA niemand Aufstände von Schwarzen fürchte, bewirtschafte Trump eine andere Angst, nämlich die vor islamistischen Terroranschlägen.
Für Rechtsprofessor Richard Ford ist klar: Wer im kommenden November ins Weisse Haus einzieht, wird mitbestimmen, ob sich die Beziehungen zwischen Schwarzen und Weissen in den USA verbessern oder nicht. Auch wenn der neue Präsident oder die neue Präsidentin heute lieber nicht darüber redet.