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International Russische Freiwilligen-Kämpfer in der Ukraine packen aus

Der Kreml bestreitet hartnäckig, dass reguläre russische Soldaten in der Ukraine sind. Es ist aber kein Geheimnis, dass dort Tausende von russischen Freiwilligen kämpfen. Warum sie das tun und was die russische Propaganda dabei für eine Rolle spielt, haben zwei von ihnen der «Rundschau» erzählt.

Der russische Unternehmer Bondo Dorowskich konnte es letzten Sommer nicht mehr ertragen. Täglich habe er im russischen Fernsehen miterleben müssen, wie angeblich ukrainische Faschisten, von den USA unterstützt, unschuldige russisch-sprachige Bürger im Osten der Ukraine töteten.

Darum kaufte er sich eine Militärausrüstung, suchte im Internet nach Freiwilligen-Organisationen und reiste kurze Zeit später in den ukrainischen Donbas. Zweimal sei er dort gewesen, im Sommer und nochmals im Herbst, sagt Dorowskich der «Rundschau».

Völlig falsches Bild der Lage

Seine Bilanz nach dieser Zeit ist kritisch. Das russische Fernsehen habe ihm ein völlig falsches Bild von der Situation im Donbas vermittel. Er sei regelrecht aufgehetzt worden. Die Russen seien dort keine Befreier. Laut Dorowskich gibt es unter den Freiwilligen viele Vorbestrafte und auch Mörder, die nur zum Töten in den Donbas reisten. Es herrsche Terror – und dieser werde von der russischen Machtelite aktiv unterstützt. Die Grenzen seien für Freiwillige und für Waffen offen.

Der russische Kriegsreporter und Buchautor Arkadij Babtschenko fasst es so zusammen: «Das russische Fernsehen hat diesen Krieg erst möglich gemacht.» Viele Freiwillige würden ihre Entscheidung, in den Donbas zu ziehen, aufgrund einer hetzerischen, einseitigen und teils völlig verlogenen Berichterstattung treffen.

Zudem hätten die prorussischen Separatisten in den von ihnen kontrollierten Gebieten jeweils früh schon die ukrainischen Fernsehsender ausgeschaltet, um so die Bevölkerung weiter gegen Kiew aufhetzen zu können. Die Ukrainer hätten bezüglich Medienfreiheit in letzter Zeit auch immer mehr Fehler gemacht, aber das sei noch weit von dem entfernt, was in Russland abgehe.

Verteidigung der Heimat

Alexander Negrebezkich, ein Fabrik-Arbeiter aus der Ural-Stadt Zlatoust, hat reichlich Erfahrung im Kampf. Er war als Soldat einer Elite-Truppe zweimal in Tschetschenien. In der Ostukraine hat er bis vor kurzem eine Einheit von freiwilligen Kämpfern aus dem Ural befehligt. Er nahm an den intensiven Kämpfen um den Flughafen von Donetsk teil.

Negrebezkich sagt, er und seine russischen Mitstreiter würden im Donbas auch ihre Heimat verteidigen. Schliesslich seien sie alle zusammen in der Sowjetunion geboren. Er sei nicht von der Fernseh-Berichterstattung beeinflusst, sagt Negrebezkich. Die ukrainischen Truppen würden die Städte im Donbas beschiessen. Darum brauche es Russen, die die russisch-sprachige Bevölkerung dort schützten.

Wunsch nach Frieden

Allerdings machen internationale Beobachter beide Seiten für den Artillerie-Beschuss von Städten und Dörfern verantwortlich. Und es waren die von Russland unterstützten Separatisten, die die bisherigen Waffenstillstands-Abkommen mehrheitlich verletzten und entsprechend auch grosse Terrain-Gewinne verbuchen konnten.

Viele Freiwillige reisen wirklich in der Überzeugung in den Donbas, dort etwas Gutes zu tun. Ihre Vorstellung beruhen aber oft auf Falschinformationen – zum Beispiel dass die ukrainische Regierung die russische Sprache verbieten wolle. Tatsache ist, dass sich der Grossteil der Menschen im Donbas nicht zusätzliche Truppen wünscht, sondern endlich Frieden und Stabilität. Politische Fragen wie Unabhängigkeit sind weit in den Hintergrund gerückt.

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