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Konstantin Kosachev am Brussel's Forum des German Marshall Fund.
Legende: Konstantin Kosachev, Vorsitzender der aussenpolitischen Kommission im russischen Föderationsrat GMFUS.org

International Russland für eine stärkere OSZE im Ostukraine-Konflikt

In der Ostukraine spielt nach Ansicht Russlands die OSZE eine Schlüsselrolle. Moskau begrüsst darum das Engagement der Schweiz in der Organisation sehr. Die OSZE müsse sich aber grundsätzlich neu orientieren, verlangt Konstantin Kosachev, einer der einflussreichsten russischen Aussenpolitiker.

Der russische Präsident Wladimir Putin meidet seit längerem Besuche im Westen. Er lässt sich vertreten, einerseits von seinem Aussenminister Sergej Lawrow, andererseits auch von Konstantin Kosachev. Dieser ist Vorsitzender der aussenpolitischen Kommission im Föderationsrat, der zweiten russischen Parlamentskammer neben der Staatsduma.

Aussenminister Lawrow ist einh altgedienter Kreml-Apparatschik. Bärbeissig rattert er seine Reden herunter, die vor allem aus Empörung und Angriffen auf den Westen bestehen. Obschon er hervorragend Englisch spricht, beantwortet er Fragen nur mehr auf Russisch.

Auf Konstantin Kosachev kann sich Präsident Putin ebenso verlassen, diesem steht er vielleicht sogar näher: «Putin ist ein äusserst weiser Mann, der das Ohr am Puls seines Volkes hat». So persönlich würde sich Lawrow nie äussern. Anders als der Aussenminister will Kosachev zudem seine westlichen Zuhörer überzeugen und ihnen das Leiden und Hadern Russlands seit dem Ende des Kalten Krieges vermitteln, durchaus auch einmal etwas emotional.

Gute Noten Russlands für die OSZE

Der 53-jährige Kosachev hat in Moskau schon viele aussenpolitische Spitzenposten bekleidet und zahlreiche Missionen geleitet. Im Gespräch mit Radio SRF betont er, wie sehr sein Land den Schweizer Einsatz für die OSZE begrüsse: «Es gibt keine Alternative zur OSZE, weder die EU, die Nato noch der Europarat könnten ihre Rolle übernehmen», sagt Kosachev.

Auch den OSZE-Beobachtern vor Ort stellt er gute Noten aus: Ihre Berichte seien objektiv, «ja, in den meisten Fällen». Vor allem, sagt Kosachev, habe die OSZE bislang nie ausdrücklich gesagt, es ständen reguläre russische Truppen in der Ostukraine. Auch er selber dementiert eine solche Präsenz entschieden.

Aber der Frage nach möglicherweise nicht ganz regulären Truppen und nach russischen Waffen weicht er aus und macht im Gegenzug dem Westen Vorwürfe: «Der Nato-Oberkommandierende General Breedlove und andere ignorieren die Einschätzungen der OSZE und erheben falsche Vorwürfe.»

Konstantin Kosachev, EU Aussenbeauftragte Federica Mogherini und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg auf dem Podium.
Legende: Konstantin Kosachev (links) an der GMF-Forums-Diskussion zu Machtpolitik nach der Ära des Kalten Krieges. German Marshall Fund (Facebook)

Kosachev findet es deshalb empörend, dass die EU die Aufhebung der Sanktionen gegen Russland an den Minsker Friedensplans knüpfe. Sein Land könne dessen Durchsetzung kaum beeinflussen, behauptet er. «Sowas ist doch keine glaubwürdige Politik.»

Russland für ausgebautes OSZE-Mandat in der Ostukraine

Ganz generell fordert Kosachev eine stärkere OSZE – und zugleich eine andere. Denn als Konfliktmanagerin in der Ukraine sei die OSZE bis heute überfordert. Und zwar weil sie sich auf westlichen Druck hin allzu lange und «zu sehr mit Menschenrechtsfragen statt mit Sicherheitsfragen befasst hat», urteilt Kosachev.

Das will Russland ändern: gesamteuropäische Sicherheit und wirtschaftliche Zusammenarbeit – darauf solle sich die OSZE konzentrieren. Bedeutet das auch, dass Russland eine deutliche Aufstockung der OSZE-Mission guthiesse? Dazu gehörte ein robusteres Mandat und die Aufgabe, die Grenze zwischen Russland und der Ukraine zu überwachen. Kosachev meint dazu entschieden Ja, Russland wäre damit einverstanden.

Es seien andere Länder, die bremsen. Auch hier verbreitet Kosachev als Sprachrohr Putins die Botschaft: An allem, was schief läuft in der Ukraine, trägt Moskau ganz gewiss keine Schuld.

Das Gespräch mit Konstantin Kosachev führte Fredy Gsteiger in Brüssel am Rande einer internationalen Konferenz der Stiftung und Denkfabrik German Marshall Fund of the United States (GMF).

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