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Anlagen von Gazprom.
Legende: Gazprom stand unter Putins Druck, den Vertrag mit China abzuschliessen, sagt ein Experte. Reuters

International «Russlands Position wird nur auf symbolischer Ebene verbessert»

400 Milliarden Dollar zahlt China offenbar für Gas aus Russland. Die staatlichen Energiekonzerne haben den Vertrag nach jahrelangen Verhandlungen beim Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Shanghai unterzeichnet. Russland bleibe trotzdem vom Westen abhängig, sagt ein Experte.

SRF: Ist das ein gutes Geschäft für Russland?

Jonas Grätz, Experte für russische Energiepolitik an der ETH Zürich: «Die Zahl wurde bisher nur von russischer Seite bestätigt. Aber wenn diese Zahl stimmt, dann ist das Geschäft relativ gut – besser als China es erwartet hat.

Wieso konnte China da nicht mehr herausholen?

Ich denke Gazprom hat hier relativ hart verhandelt. Die russisch staatliche Erdgasfirma sagte, dass es sich um ein ganz neues Projekt handelt, daher brauche man auch mehr Geld. Die Chinesen ihrerseits sind bereit, bis zu 25 Milliarden Dollar an Finanzierung vorzuschiessen. Russland begibt sich damit in eine relativ starke finanzielle Abhängigkeit von China.

Ist dies ein Vorschuss an die Finanzierung der teuren Pipelines, die es braucht, um dieses Gas zu transportieren?

Genau. Es wird damit gerechnet, dass ungefähr 55 Milliarden Dollar an Investitionskosten nötig sind. 25 Milliarden soll jetzt China vorschiessen. Das hat man bei ähnlichen Deals auch schon gemacht in Bezug auf Öl. Dies auch weil Russland und Gazprom momentan Schwierigkeiten haben am internationalen Kapitalmarkt Geld aufzunehmen.

Russland steht international unter Druck. Aus der EU und den USA drohen Sanktionen. Hat das diese Einigung mit China beschleunigt?

Jonas Grätz

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Der Ukraine- und Russland-Spezialist Jonas Grätz arbeitet an der Forschungsstelle für Sicherheitspolitik der ETH Zürich. Zudem ist er auf Energiepolitik spezialisiert.

Ja, natürlich. Der politische Druck war klar vorhanden von Seiten Putins. Ich gehe davon aus, dass Gazprom sich noch nicht auf diesen Preis einlassen und weiterverhandeln wollte. Aber Putin hat darauf gedrängt, dass etwas unterzeichnet wird. Das ist natürlich im Kontext der Ukraine-Krise zu sehen. Der Deal als ein Signal an den Westen: »wir diversifizieren die Märkte weg von Europa und hin zu China.«

Wie viel unabhängiger ist Putin jetzt durch dieses Geschäft?

Es ist ein völlig neues Projekt im Niemandsland in Ostsibirien. Da gibt es nichts, keine Städte und keine Infrastruktur. Das wird ein sehr grosses und langwieriges Projekt. Man rechnet damit, dass erst 2018 das erste Gas fliessen wird. Wobei das auch noch eine recht optimistische Einschätzung ist. Von daher passiert vorerst einmal gar nichts. Aber symbolisch ist das natürlich bedeutsam, dass man hier jetzt einen Deal mit China erreicht hat.

Was heisst das jetzt für den Westen?

Für den Westen bedeutet es, dass man Russland in Zukunft weniger leicht unter Druck setzen kann, weil sich Russland neue Absatzmärkte in China erschlossen hat. Momentan bleibt Russland aber noch abhängig vom europäischen Erdgasmarkt, auch in Zukunft. Das Volumen, um das es im Deal mit China geht, ist nur ein Bruchteil dessen, was Gazprom an Europa liefert.

Aber es verbessert Russlands Position in der Ukraine-Krise?

Nein, unmittelbar nicht. Gazprom muss zuerst viel investieren und hat weniger Geld für andere Projekte in Europa zur Verfügung. Die Position Russlands wird nur auf symbolischer Ebene verbessert.

Das Interview führte Roman Fillinger.

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