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International Schlittern die USA in einen neuen Irak-Krieg hinein?

Die USA haben über kurdischem Gebiet in der Nähe der Stadt Erbil Luftwaffenangriffe ausgeführt. Dies geschah wenige Stunden, nachdem Präsident Barak Obama grünes Licht gab für limitierte militärische Einsätze im Irak. Es war ein Entscheid, der ihm schwer fiel. Er könnte fatale Konsequenzen haben.

Mit versteinerter Miene verkündete US-Präsident Barak Obama frühmorgens das, was er nie hatte tun wollen. Lange hatte er sich dem Ruf der irakischen Regierung nach US-Kampfeinsätzen widersetzt.

Obama war einer der wenigen US-Politiker, der 2003 einen Angriff auf Bagdad ablehnte. Er versprach in seiner Wahlkampagne der kriegsverdrossenen Bevölkerung, die Truppen nach Hause zu bringen.

Noch letzte Woche lehnte Obama einen US-Militärschlag gegen die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) ab. Doch der Vorstoss der Dschihadisten am vergangenen Wochenende sowie die Berichte verhungernder und verdurstender Menschen, die vor dem sicheren Tod flüchteten, haben ihn gezwungen zu handeln.

«Obama müsste internationalen Druck ausüben»

Nun ist Barak Obama der vierte US-Präsident in Folge, der Angriffe auf irakisches Gebiet anordnet. Die Vergangenheit holt die Vereinigten Staaten ein.

Wie gross ist die Gefahr, dass sich die Luftangriffe zu einem grösseren US-Engagement in der Region ausweiten? «Laut den Militärstrategen, mit denen ich heute sprechen konnte, ist diese Gefahr gering», sagt Karin Bauer, SRF-Korrespondentin in New York.

Obama habe ja bewusst eine Politik der Nadelstiche angekündigt, er wolle den Genozid verhindern an der kurdischen und christlichen Minderheit im Irak, und er wolle auch das eigene Botschaftspersonal beschützen.

«Friedhof amerikanischer Ambitionen»

Da stelle sich eher die Frage nach dem Nutzen der Luftschläge. «Schaffen sie es, das Terrorregime der IS-Kämpfer einzudämmen? Hier wäre sehr viel mehr Aktion nötig», sagt Karin Bauer. «Obama müsste internationalen Druck ausüben und Staaten wie den Iran, die Türkei und auch die Golfstaaten einbinden, um auf die irakische Regierung einzuwirken, damit endlich eine mehrheitsfähige Regierung gebildet wird, die dann ihrerseits gegen die IS vorgehen könnte.»

Das Zweistromland sei ein «Friedhof amerikanischer Ambitionen», schreibt die Zeitung «New York Times» heute. Die innenpolitischen Reaktionen waren bisher positiv, sogar führende Republikaner unterstützen die Einsätze gegen die Dschihadisten.

Barak Obama versprach, dass die Angriffe gezielt und limitiert sein werden. Ziel sei der Schutz bedrohter Minderheiten wie der Christen und der Jesiden sowie des US-Personals in den Städten Erbil und Bagdad. Die Vereinigten Staaten würden keinen breit angelegten Luftkrieg gegen die Dschihadisten führen. Es sei Aufgabe der irakischen Streitkräfte, diese zu besiegen.

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Schon wieder ein Irak-Krieg?

Das Pentagon unterstützt die irakische Armee und die kurdischen Peschmerga seit Monaten mit Geheimdienstinformationen, Militärstrategen und Waffen. Obama appellierte an Bagdad, rasch einen neuen Premierminister einzusetzen.

Was aber, wenn die irakische Regierung schwach bleibt, wenn die militärische Unterstützung nicht ausreicht, um das Vorrücken der islamistischen Gotteskrieger zu stoppen? Dann würde sich aus den gezielten US-Angriffen rasch eine umfassendere Militäroperation gegen die Dschihadisten entwickeln. Die USA würden wohl oder übel in einen weiteren Krieg im Irak hineingezogen.

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