Pristina, 2008: Die Polizei trifft am Flughafen auf einen blutenden Mann. Dem 23jährigen Türken wurde zuvor eine Niere entfernt – in der Medicus-Klinik in Pristina. Es kommt eine Untersuchung ins Rollen. Kurz darauf verschwindet der Türke. Es wird spekuliert, dass er ermordet worden ist.
Der illegale Betrieb der Organ-Transplantationen in der Medicus-Klinik ist 2008 durch den Fall mit dem verletzten Türken aufgeflogen. Insgesamt sieben Personen sollen in den internationalen Organhandel-Ring verwickelt gewesen sein.
Arzt und Mittelsmann auf der Flucht
Fünf Männer wurden nun schuldig gesprochen. Ein Gericht in Kosovo verurteilte den Chef der Organisation zu acht Jahren Gefängnis. Es handelt sich dabei um den Urologen und Universitätsprofessor Lutfi Dervishi. Sein Sohn Arban, der die Medicus-Klinik geleitet hatte, muss für 7 Jahre und drei Monate ins Gefängnis.
Ein Anästhesist erhielt drei Jahre und zwei weitere Ärzte wurden zu je einem Jahr bedingter Haft verurteilt.
Ein türkischer Arzt und ein israelischer Mittelsmann sind auf der Flucht. Sie werden von Interpol gesucht.
«Ich habe mit einem höheren Strafmass gerechnet», sagt Walter Müller, SRF-Korrespondent für Südost-Europa. «Man bedenke: Es handelt sich um über 30 Nieren-Transplantationen in der Medicus-Klinik. Und man weiss nicht, was mit den vielen Nierenspendern passiert ist.»
Mit Geld gelockt
Die verarmten Nierenspender wurden angeworben: in der Türkei, Russland oder Moldawien. Ihnen wurde für eine Niere zwischen 10‘000 und 15‘000 Euro versprochen. «Vielfach erhielten sie weniger oder gar nichts», erklärt Müller. Die Organempfänger ihrerseits, meistens Israeli, bezahlten bis zu 100‘000 Euro für eine Niere.
Der illegale Handel floriert. Der Grund: Es gibt zu wenig legale Organspender. Doch die Nachfrage ist riesig: Ungefähr 40‘000 kranke Personen warten weltweit auf eine neue Niere. Laut Schätzungen der Vereinten Nationen wird jährlich mit 10‘000 Nieren illegal gehandelt. Forscher vermuten gar das Doppelte.
Immerhin dürfte der illegale Organhandel nun in Kosovo etwas eingedämmt werden. Dies vermutet der SRF-Korrespondent: «Der Prozess hat international viel Publizität erreicht. Das Scheinwerferlicht verscheucht die kriminellen Akteure des Organhandels. Und auch die Behörden in Kosovo sind nun gewarnt.»