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International Separatisten bekennen sich zu Raketenangriff in Mariupol

Brüssel, Moskau und Kiew sind besorgt über die Eskalation im Osten der Ukraine. Der Appell verhallt im Donbass offenbar ungehört. Die Kampfhandlungen haben sich jetzt auf die Stadt Mariupol im Südosten des Landes ausgeweitet, wo die pro-russischen Separatisten eine neue Offensive starten wollen.

Bei einem Angriff mit Langstreckenraketen sind in der unter Regierungskontrolle stehenden südostukrainischen Hafenstadt Mariupol über 30 Menschen getötet worden. Gegen 100 Zivilisten seien verletzt worden, teilte die Verwaltung der Hafenstadt am Asowschen Meer mit. Die Attacke habe ein Wohnviertel der 500'000-Einwohner-Stadt getroffen, teilte die Stadtverwaltung mit.

Wie die ukrainische Armee mitteilte, feuerten die Rebellen Grad-Raketen auf die Stadt ab. Dabei seien mehrere Häuser zerstört worden. In der Zwischenzeit bekannten sich die pro-russischen Separatisten zum Angriff. Der «Präsident» der selbstproklamierten Volksrepublik Donezk, Alexander Sachartschenko, sagte der Nachrichtenagentur RIA Nowosti, dies sei der Beginn einer Offensive auf die strategisch wichtige Hafenstadt.

SRF-Korrespondent Christof Franzen erklärt, zahlreiche Menschen in Mariupol würden bereits darauf warten, bis die pro-russischen Separatisten einmarschieren. Denn: «In Mariupol unterstützen weitaus nicht alle Menschen Kiew», so Franzen. Andererseits hätten die Leute auch gesehen, wie es beispielsweise in Donezk in ruhigen Wohngebieten plötzlich zu zivilen Opfern gekommen ist. Darum sei es wohl in Mariupol wie im Rest des Donbass: «Die meisten Menschen wollen einfach Frieden.»

Mit russischer Hilfe würde Verteidigung schwierig

Mariupol ist die letzte grössere Stadt in der Region, die unter ukrainischer Kontrolle steht. Die Hafenstadt ist strategisch wichtig, weil sie zwischen den von den Rebellen kontrollierten Gebieten in der Ostukraine und der von Russland annektierten Halbinsel Krim liegt.

Die Kämpfer seien zwar bereit, die Stadt zu verteidigen, wie ein Mitglied eines freiwilligen Bataillons gegenüber SRF-Korrespondent Franzen erklärte. Doch sollten die Separatisten wie in der Vergangenheit massive Militärhilfe aus Russland erhalten, dann sei es schwierig, die Stadt zu halten, zitiert Franzen.

Vereinbarte Waffenruhe nur noch Makulatur

«In der Stadt Donezk war es heute eher ruhig», sagte ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz in der Sendung «Echo der Zeit». Östlich der Metropole sei aber auch wieder gekämpft worden. Wer aber für den Artilleriebeschuss verantwortlich ist, sei schwer einzuschätzen. Die Nachrichtenlage sei schwierig.

Bei einer Ausweitung der Offensive pro-russischer Rebellen sei mit einem Flächenbrand im Osten der Ukraine zu rechnen. Der Raketenangriff auf die Stadt Mariupol und der Truppenaufmarsch in anderen Gebieten deute allerdings darauf hin, meint Wehrschütz.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) schickte nach eigenen Informationen Beobachter zur Überprüfung des Vorfalls nach Mariupol. Die OSZE forderte ein sofortiges Ende der Kämpfe in Wohngegenden sowie den Abzug schwerer Waffen, der in Minsk vereinbart worden war.

Forderungen an Russland

Nato mahnt Russland

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Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat Russland aufgefordert, die Separatisten im Osten der Ukraine nicht mehr zu unterstützen – weder militärisch, politisch noch finanziell. Nach Angaben der Nato haben russische Truppen die jüngste Offensive der Separatisten unterstützt.

Die EU zeigt sich indessen besorgt über die jüngsten Entwicklungen in der Ostukraine. Die Feindseligkeiten müssten aufhören, forderte die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini. Insbesondere Russland müsse Verantwortung übernehmen. Konkret fordert die EU Moskau dazu auf, die Unterstützung der Rebellen umgehend einzustellen.

Präsident Petro Poroschenko setzte für Sonntag ein Treffen des nationalen Sicherheitsrats an. Kiew strebe eine friedliche Lösung an, angesichts der gegnerischen Offensive werde die ukrainische Armee aber «bis zum vollständigen Sieg» gegen die Rebellen kämpfen.

Ein Anführer der Separatisten hatte die Vereinbarung von Minsk für gescheitert erklärt. Man fühle sich nicht an die Vereinbarungen gebunden, sagte er. Gestern kündigten sie trotz vereinbarter Waffenruhe eine neue Offensive an. Konkrete Gespräche über einen Waffenstillstand lehnt Rebellen-Chef Alexander Sachartschenko ab.

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