Im serbischen Parlament verfügt Aleksandar Vucic mit seiner konservativen Fortschrittspartei SNS über die absolute Mehrheit. Die Opposition ist sprachlos und die Medien reden dem Ministerpräsidenten nach dem Munde. Vucic nutzt diese Gelegenheit, profiliert sich als starker Mann und fährt einen autoritären Kurs. Damit bringt der die staatlichen Institutionen in Gefahr.
Das Ziel des Regierungschefs wäre eigentlich, Serbien vor dem wirtschaftlichen Untergang zu retten, den Staat zu reformieren und in die EU zu führen. Vucic verspricht, seine Minister deshalb gnadenlos anzutreiben und zu kontrollieren. Und er weist sie gerne zurecht. Schulmeisterlich und in aller Öffentlichkeit.
Minister dienen dem Staat, nicht dem Regierungschef
So beispielsweise an einer live übertragenen Regierungssitzung zu den Überschwemmungen, als er die Abgeordneten massregelte, sie sollten doch bitte ruhig sein. Oder während einer Parlamentssitzung, als das Handy eines Abgeordneten zum wiederholten Mal klingelte; er forderte ihn auf, dieses auszuschalten.
Beide Vorfälle mögen banal wirken, sind aber typisch für den Regierungsstil von Aleksandar Vucic. Die Konsequenzen seines Verhaltens seien gravierend, meint Jovo Bakic, Professor für politische Soziologie an der Universität Belgrad. «Minister sind Diener des Staates und nicht des Regierungschefs. Offensichtlich versteht Vucic den Unterschied nicht.»
Mit öffentlichen Zurechtweisungen untergrabe der Regierungschef die Autorität seiner Minister, sekundiert Milan Antonijevic, Direktor des Serbischen Juristen-Kommittees für Menschenrechte YUCOM. «Wir wollen keine starke Hand, die Minister zum Schweigen bringt. Wir wollen die Minister hören. Damit wir sehen, wie sie arbeiten und welche Lösungen sie anbieten.»
Kritiker sind mundtot gemacht
Der Regierungschef unterlaufe selbst das ohnehin schon schwache Justizwesen, indem er ankündige, wer im Kampf gegen die Korruption verhaftet und bestraft werden solle. Das sei jedoch nicht seine Sache, sondern Aufgabe der Ankläger und Richter, so der Menschenrechtler weiter. «Wir sind sogar schon so weit, dass die Institutionen Verfahren wegen Korruption nicht eröffnen, weil sie auf ein Signal des Ministerpräsidenten warten.»
Alle warten auf das letzte Wort des allmächtigen Regierungschefs. Und zu jedem Skandal hat Vucic etwas zu sagen: Doktorarbeiten von Persönlichkeiten werden als Plagiate entlarvt. Mehrere Polizeichefs werden entlassen, weil sie angeblich korrupt sind oder ihren Job nicht machen. Regierungskritische Websites werden von Hackern zerstört und Ministerpräsident Vucic ortet eine Konspiration ausländischer Diplomaten gegen ihn. Serbiens Wirtschaft aber ist im freien Fall, es braucht dringend konkrete Rettungsmassnahmen.
Derweil registrieren Beobachter mit Besorgnis, dass der starke Mann Vucic auf Kritik zunehmend dünnhäutig und immer öfters nervös und unbeherrscht reagiert. Nicht verwunderlich, urteilt der Belgrader Verleger und Demokratie-Aktivist Dejan Ilic. Vucic handle gegen den gesunden Menschenverstand, untergrabe rechtsstaatliche Verfahren und die Institutionen. Und kaum jemand unternehme etwas dagegen.
Kritiker in Serbien sind sich einig: Wenn Regierungschef Aleksandar Vucic sich weiterhin so autoritär gebärdet, dann steht dieser Staat vor einer düsteren Zukunft.