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Rajapaska lächelt in die Kamera.
Legende: Präsiden Rajapaska: Wie ernst ist ihm die Versöhnung mit den Tamilen? Keystone

International Sri Lanka: Versöhnung sieht anders aus

Es sind gemischte Signale, die dieser Tage aus Sri Lanka gesendet werden. Einerseits spricht Präsident Rajapakse von Versöhnung zwischen dem kriegsversehrten Norden und dem Süden des Landes. Andererseits hat die Regierung die Reisebestimmungen in den tamilischen Norden wieder verschärft.

Mit Blumen und Bananenblättern geschmückt fuhr die «Königin von Jaffna» vor einer Woche in den brandneuen Bahnhof von Jaffna ein. Es ist der erste Zug seit mehr als zwanzig Jahren, der aus dem Süden Sri Lankas in den Norden der Insel fährt. Während des beinahe dreissigjährigen Bürgerkrieges war der mehrheitlich tamilische Norden vom singhalesischen Süden getrennt, die Bahnverbindung wurde zerstört.

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Als Präsident Mahinda Rajapaska in Jaffna aus dem blauen Zug stieg, wurde er von Tausenden von Tamilen euphorisch begrüsst. Der Präsident verbindet grosse Hoffnungen mit der neuen Bahnlinie. «Wir müssen die Herzen der Leute gewinnen. Ich hoffe, diese Bahnlinie wird die Menschen wieder vereinen», sagte Rajapaksa der BBC.

Spezialbewilligung nötig

Doch ob es ihm wirklich so ernst ist mit der Versöhnung, darf bezweifelt werden. Denn bereits wenige Tage später setzte die Armee ein ganz anderes Zeichen. Ein Militärsprecher liess verlauten, dass Ausländer ab sofort nur noch mit einer Spezialbewilligung des Verteidigungsministeriums in den Norden reisen können. Es ist das erste Mal seit Juli 2011, dass Sri Lanka eine solche Bestimmung erlässt.

Karin Wenger

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Karin Wenger ist seit Frühling 2016 Südostasien-Korrespondentin von SRF in Bangkok. Sie berichtet über Indonesien, Malaysia, Philippinen, Thailand, Burma, Vietnam und weitere südostasiatische Länder. Wenger lebte zuvor sechs Jahre lang in der indischen Hauptstadt Neu Delhi. Früher berichtete sie als freie Journalistin aus dem Nahen Osten.

Die Auswirkungen waren sofort spürbar: In den Restaurants in Jaffna sassen vergangene Woche kaum mehr Ausländer; Mitarbeiter von ausländischen Organisationen wurden auf dem Weg in den Norden gestoppt und mussten umkehren. Andere zeigten sich bestürzt über diese Entwicklung, die sie nicht deuten konnten, die aber deutliche Auswirkungen auf ihre Arbeit haben werde. Allerdings will sich mit solchen Aussagen niemand zitieren lassen – aus Angst vor den Folgen.

UNO vermutet Kriegsverbrechen

Die verschärften Reisevorschriften kommen nur wenige Wochen, nachdem die UNO eine Untersuchung zu mutmasslichen Kriegsverbrechen beginnen wollte. Nach ihren Schätzungen kamen in der Endphase des Krieges bis zu 40'000 Zivilisten ums Leben, die meisten durch die sri-lankische Armee.

Sowohl dem Militär wie auch den Tamil Tigers, die jahrzehntelang für einen eigenen Staat gekämpft hatten, werden Kriegsverbrechen vorgeworfen. Die sri-lankische Regierung reagierte gereizt auf diese Anschuldigungen und verweigerte den Ermittlern der UNO die Einreise nach Sri Lanka.

Colombo will die Kontrolle

Mit der neuen Reisebeschränkung wird es für Tamilen mit ausländischem Pass, ausländische Journalisten, UNO-Mitarbeiter und Touristen schwierig werden, in den Norden Sri Lankas zu reisen. Vor diesen Ausländern fürchte sich die Regierung am meisten, sagt Paikiasothy Saravanamuttu. Er ist Direktor des renommierten Centre for Policy Alternatives in Colombo.

Er sagt, es gehe um den Informationsfluss. «Die Regierung will die Informationen, die aus dem Norden kommen, genau kontrollieren.» Das habe einerseits mit den Wahlen zu tun, die Anfang 2015 in Sri Lanka abgehalten werden sollen, aber auch mit dem Bericht der Vereinten Nationen zu möglichen Kriegsverbrechen. «Die Regierung und die Armee wollen nicht, dass jemand die wahre Situation vor Ort kennt», ist Saravanamuttu überzeugt.

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