Die Debatte um die Kritik von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück an der zu geringen Bezahlung der deutschen Regierungschefs innerhalb seiner Partei reisst nicht ab. Kritik kam von den Bundestagsabgeordneten Carsten Sieling und Rüdiger Veit. «Um Geld zu verdienen, geht man nicht in die Politik, da muss man sich was anderes einfallen lassen», sagte Veit der «Bild»-Zeitung.
Sieling regte an, sich stärker darauf zu konzentrieren, dass «viele andere Berufe unterbezahlt sind». Der frühere SPD-Chef Björn Engholm betonte: «Ich gehe davon aus, dass man vom Gehalt des Bundeskanzlers leben kann. Man darf die Einkünfte eines Kanzlers nicht mit den völlig überhöhten Bezügen mancher Vorstände vergleichen.»
Zustimmung zu Steinbrücks Aussage
Einige SPD-Abgeordnete dagegen schlossen sich der Kritik Steinbrücks an den Gehältern an. So sagte etwa Karl Lauterbach, Steinbrück habe vollkommen recht. «Es kann nicht sein, dass das reichste Land Europas seinem Regierungschef eines der geringsten Gehälter zahlt.»
Der Abgeordnete Florian Pronold meinte, wenn der Sparkassenpräsident ein Vielfaches des Gehalts der Kanzlerin verdiene, sei das keine leistungsgerechte Bezahlung.
«Ein fast idealer Gegner der SPD»
Politologen bewerten die Aussage Steinbrücks als grossen Fauxpas. So nannte der Parteienforscher Jürgen W. Falter Steinbrücks Vorgehen «grauenvoll ungeschickt». «Es wirkt, als wolle er mehr Geld haben und verhandle bereits im Vorfeld darüber», sagte Falter der «Passauer Neuen Presse».
Nach Einschätzung von SRF-Mitarbeiter Fritz Dinkelmann in Deutschland fehlt es Steinbrück ganz einfach an Fingerspitzengefühl. Die Gehälter-Diskussion könne oder müsse man zwar führen, aber «nicht jetzt, und nicht angestossen von einem Sozi, der sich in seiner Partei dafür rechtfertigen muss, dass er ein vermögender Sozialdemokrat ist.» Für Dinkelmann wäre Steinbrück mit seiner Aussage – wäre er denn ein Christdemokrat – «ein fast idealer Gegner der SPD».
Der wegen hoher Vortragshonorare ohnehin in der Kritik stehende deutsche Ex-Finanzminister Steinbrück hatte in einem Interview mit der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» beklagt, Bundeskanzler verdienten zu wenig.
Steinbrück, ein Mann mit zuweilen losem Mundwerk
Es ist nicht das erste Mal, dass der gebürtige Hamburger Steinbrück mit provozierenden Äusserungen für Aufruhr sorgt. So kam seine Aussage im Streit um das Schweizer Bankgeheimnis vom März 2009: «Wir müssen nicht nur das Zuckerbrot benutzen, sondern auch die Peitsche», in der Schweiz nicht gut an.
Steinbrück verglich damals die Schweizer mit Indianern; und die Drohung, die Schweiz auf die schwarze Liste der OECD zu setzen, um sie als Steueroase an den Pranger zu stellen, mit der «siebten Kavallerie vor Yuma, die man ausreiten lassen kann.»
Der deutsche Botschafter in Bern wurde daraufhin mehrmals in das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten einbestellt und Aussenministerin Micheline Calmy-Rey wies die Äusserungen als schlechtes Benehmen zurück.