Ungeachtet schlechter Umfragewerte sieht SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück weiterhin gute Chancen, im Herbst Angela Merkel als Kanzlerin abzulösen. «Ich will Kanzler der Bundesrepublik Deutschland werden», sagte der 66jährige in seiner Rede beim Bundesparteitag in Augsburg.
Auf seine Ankündigung folgte minutenlanger Jubel. «Nicht weil es für mich persönlich wichtig ist» fügte Steinbrück an. «Sondern weil ich mit Euch gemeinsam wieder vieles in unserem Land ins Lot bringen will.»
«Keine schöne Bilanz, Frau Merkel!»
Anders als Union und FDP es darstellten, sei nicht alles gut. Sieben Millionen Menschen arbeiteten für weniger als 8.50 Euro pro Stunde, 800'000 Vollzeitbeschäftigte für sogar für weniger als 6 Euro.
Steinbrück hat der schwarz-gelben Bundesregierung vorgeworfen, Deutschland unter seinem Wert zu regieren. Viel zu vielen Menschen gehe es nicht gut, und die Lücke zwischen Arm und Reich klaffe viel zu sehr auseinander, sagte der Politiker. Und trotz einer vernünftigen Wirtschaftslage, niedriger Zinsen und sprudelnder Steuereinnahmen habe die Koalition noch einmal 100 Milliarden Euro neue Schulden gemacht. «Keine schöne Bilanz, Frau Merkel», rief Steinbrück.
Spitzensteuersatz und Solidarrente
«Die SPD steht geschlossen hinter Dir. Du bist einer von uns, Du kannst dich auf uns verlassen», sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel zum Kanzlerkandidaten.
Die SPD will in Augsburg ihr Wahlprogramm beschliessen. Die Delegierten sollen über Pläne abstimmen, die einen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde und einen Spitzensteuersatz von 49 Prozent sowie eine Solidarrente von 850 Euro monatlich vorsehen.
Zudem will die SPD eine Mietenbremse und ein Milliardenprogramm für Bildung. Im Wahlkampf will die Partei auf die direkte Ansprache der Wähler setzen und plant bis zu fünf Millionen Hausbesuche.
Scharfe Worte gegen Westerwelle
Ärger gab es in Augsburg über eine Äusserung von Aussenminister Guido Westerwelle. Der FDP-Politiker hatte den SPD-Wahlkampfslogan «Das Wir entscheidet» mit DDR-Propaganda verglichen.
Westerwelle habe die Maske des Aussenministers abgelegt und zeige wieder das alte Gesicht des FDP-Generalsekretärs, sagte Gabriel dazu. «Und das kann er von mir aus nach der Bundestagswahl auch wieder werden.» Der Slogan war auch kritisiert worden, weil er bereits seit 2007 von einer Zeitarbeitsfirma verwendet wird.