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Junge Menschen sitzen auf einer Treppe und skandieren einen Sprechchor, auch ein Megafon ist zu sehen.
Legende: Auch Schüler haben sich den Protesten angeschlossen. Keystone

International Strassenprotest gegen Hollandes Arbeitsreform

Die geplante Reform des Arbeitsgesetzes treibt in Frankreich Tausende Gewerkschafter und Studenten auf die Strasse. Mit der Lockerung von Kündigungsschutz und 35-Stundenwoche soll die grassierende Arbeitslosigkeit bekämpft werden.

Proteste gegen die geplanten Arbeitsmarktreformen der französischen Regierung haben den Pendlerverkehr rund um Paris ins Stocken gebracht. Im Schnitt fuhr landesweit nach Angaben der Staatsbahn SNCF nur jeder dritte Zug. Besonders grosse Probleme gab es im Pendlerverkehr im Grossraum Paris.

Doch nicht nur in der Hauptstadt wurde demonstriert. «Reform des Arbeitsgesetzes – zurück in die Schublade», skandierten Schüler, Studenten und Gewerkschafter im ganzen Land. Dies obwohl die angekündigte Reform des Arbeitsgesetzes erst in einem Vorentwurf vorliegt.

Auch Studenten protestieren

Bahnstreik Frankreich

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Zu den Kundgebungen gegen die Arbeitsmarktreform kommt ein Streiktag der Bahnangestellten hinzu. Sie wehren sich gegen eine Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen und machen sich für mehr Neueinstellungen stark. Die Auswirkungen sind vor allem in der Grossregion Paris zu spüren, doch auch Verbindungen in die Schweiz sind betroffen.

Am Streik beteiligten sich laut SNCF knapp 36 Prozent der Mitarbeiter. Eine Gewerkschaft erklärte, bei Lokführern und Kondukteuren habe die Beteiligung bei mehr als 60 Prozent gelegen. Auf die Beteiligung von Studentengruppen dürfte die Regierung besonders achten. Vor zehn Jahren hatten massive Studentenproteste den damaligen Präsidenten Jacques Chirac gezwungen, seine Arbeitsmarktreform zurückzuziehen.

Die jetzige Regierung will zahlreiche Arbeitsmarktregelungen auf den Prüfstein stellen, um die seit Jahren hohe Arbeitslosigkeit endlich in den Griff zu bekommen und die Quote unter zehn Prozent zu drücken. Unter anderem sollen die 35-Stundenwoche sowie der Kündigungsschutz gelockert werden.

Umstrittene Lockerung

Der Abbau des Kündigungsschutzes gebe am meisten zu reden, sagt SRF-Korrespondent Charles Liebherr in Paris. So sei umstritten, inwieweit Konsultationen mit Branchenverbänden bei Entlassungen vorgeschrieben würden und wie hoch Abgangsentschädigungen zu sein hätten. Um das Herzstück der Reform zu retten, werde die Regierung in Details wohl noch Kompromisse eingehen, glaubt Liebherr.

«Arbeitsmarktreformen in Frankreich haben es schwer, weil sie den Status quo für jene, die eine Stelle haben, in Frage stellen», so Liebherr weiter. In der Vergangenheit hätten auch rechte Regierungen die Auseinandersetzung mit den Gewerkschaften meist gescheut.

Und jetzt wehrten sich auch Sozialisten gegen die von Präsident François Hollande lancierte Reform – auch wenn dieser selber ebenfalls Sozialist ist. Rückendeckung bekomme die Regierung ironischerweise von den Bürgerlichen, berichtet Liebherr: «Aussitzen, standhalft bleiben» – solche Durchhalteparolen würde Hollande derzeit von der Opposition zu hören bekommen.

Machtkampf mit den Gewerkschaften

Für die Gewerkschaften steht denn auch viel auf dem Spiel. Die Vorschläge der Regierung wollen die bisherige Logik im französischen Arbeitsrecht auf den Kopf stellen. Bis anhin verhandelten die Gewerkschafter exklusiv mit den Arbeitgebern. Branche für Branche wurden landesweit, verbindlich für alle Unternehmen, Arbeitsbedingungen, Arbeitszeit und Lohn verhandelt.

Die Regierung will nun die Spielregeln umkehren, so Liebherr: «Verhandelt soll nicht mehr nur in Branchen, sondern auch auf Ebene eines einzelnen Unternehmens werden.» Diese Pläne hält Jean-Claude Mailly, Generalsekretär der Gewerkschaft «Force Ouvrière», für unhaltbar: «Das unterwandert die ganze Sozialpartnerschaft in Frankreich», moniert er. Er fordert den Rückzug des Dossiers.

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