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Eine schwarze Frau geht an einem Feld entlang.
Legende: Eine Arbeiterin auf dem Heimweg nach getaner Feldarbeit. Reuters/Archiv

International Südafrikas langer Weg zur Umverteilung

Vor 20 Jahren fanden in Südafrika die ersten richtigen Wahlen statt: Seither können Weisse und Schwarze die politischen Geschicke des Landes bestimmen. Doch nach wie vor sind mehr als 80 Prozent des Farmlandes in weisser Hand.

Am 19. Juni 1913 tritt in Südafrika ein folgenschweres Gesetz in Kraft: Es macht die schwarze Bevölkerung zu Landlosen im eigenen Land. Das Parlament der südafrikanischen Union beschliesst, dass die schwarze Bevölkerungsmehrheit nur sieben Prozent des gesamten landwirtschaftlich nutzbaren Landes besitzen darf. Produktive Landbesitzer verlieren Felder und Weiden und werden zu Landarbeitern. 87 Prozent des Landes sind fortan in Besitz von Weissen. Das Gesetz gilt als der Anfang der institutionalisierten Ausbeutung und Unterdrückung von Schwarzen in Südafrika.

Das Erbe der Landenteignung ist heute noch zu spüren: Fast 47 Prozent aller Südafrikaner gelten als arm und ein Viertel der Bevölkerung hat nicht ausreichend zu essen. Die meisten von ihnen sind schwarz und leben auf dem Land. Aber das Land gehört nicht ihnen.

Leere Versprechen der Regierung

Südafrikas erste demokratisch gewählte Regierung hatte sich zum Ziel gesetzt, 30 Prozent des landwirtschaftlich nutzbaren Landes bis 2014 in schwarze Hand zu übergeben. Bisher wurden allerdings nur acht der erklärten 30 Prozent umverteilt.

Somit sind immer noch fast 80 Prozent von Südafrikas Farmland in weisser Hand. Sechs Prozent dieser Farmen sind hochtechnologisierte, kommerzielle Betriebe, welche die Hälfte aller landwirtschaftlichen Erzeugnisse des Landes produzieren, wie der Landwirtschafts-Experte Steven Greenberg erklärt. «Die Regierung will eine funktionierende, produzierende Landwirtschaft. Sie sieht, dass das, was die bestehenden Farmen produzieren, den Bedarf des Landes bequem abdeckt. Daher will sich die Regierung lieber nicht einmischen.»

Viel ungenutztes Land

Landreformen könnten die Produktivität und Wirtschaft von Südafrika gefährden – vor allem wenn sie nicht gut durchdacht, gemanagt und umgesetzt werden. Doch genau dieses miserable Management sei in Südafrika der Fall, schimpft Greenberg. Erstens habe das Ministerium nicht genug Geld, um Farmern Land abzukaufen. Zweitens sei das nationale Projekt der Landreform nicht in die Lokalplanung eingebunden und drittens fehle eine Zukunftsvision.

Laut Greenberg macht die Regierung einen entscheidenden Fehler: «Die Leute erhalten riesige, einst kommerzielle Farmen. Beackern und nutzen tun sie aber nur einen kleinen Zipfel davon. Staatliche Unterstützung erhalten sie nur eingeschränkt. Nur jemand mit entsprechendem Kapital kann in solch grosse Farmen investieren.»

Umverteilen, lokal produzieren und verkaufen

Greenberg argumentiert dafür, kleinteiliger zu denken. Landwirtschaftlich nutzbares Land gebe es genug zu erstehen, auch ohne Südafrikas Agroindustrie Schaden zuzufügen. Der Rat des Experten lautet daher: «Verteilt Land um, unterteilt Grossfarmen in kleinere, sodass mehrere Familien von einer Farm profitieren können. Garantiert eine Infrastruktur wie Wasser- und Stromversorgung, Strassen, Schulen und Kliniken in der Nähe. Parallel dazu sollten örtliche Märkte unterstützt werden, sodass die neuen Farmer lokal produzieren und verkaufen können.»

Stattdessen pumpe die Regierung den Grosskonzernen staatliche Gelder in den Schlund, indem sie die Zahl der Sozialhilfeempfänger drastisch angehoben habe. So erhalten 16 der rund 50 Millionen Südafrikaner eine spärliche Sozialhilfe. Diese geben sie in den von Ketten und Grosskonzernen dominierten Supermärkten für Lebensmittel aus, die sie selber hätten produzieren können. Südafrikas Landreform ist von Missmanagement, fehlender Vorausschau und mangelndem politischen Willen geplagt.

(aebn;amka;heis)

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