Er galt weltweit als Symbol der letzten Hoffnung für Syrien. «Denn was Lakhdar Brahimi nicht gelingt, das schafft bei den UNO keiner», sagen Diplomaten über den erfahrenen und in einer Reihe von Konflikten erfolgreichen Friedensverhandler der Vereinten Nationen.
Nun gibt er sein Amt als internationaler Syrien-Vermittler Ende Mai auf. Übernommen hatte er es im September 2012 auf Bitten von UNO-Chef Ban Ki Moon von dessen Vorgänger Kofi Annan. Über den Rücktritt des 80-Jährigen war lange spekuliert worden.
«Schwierigsten Vermittleraufgabe der Welt»
«Ich habe mit grossem Bedauern den Rücktritt von Herrn Brahimi akzeptiert», sagte Ban in New York. «Er stand vor unüberwindbaren Hindernissen, mit einer in Fragen zur Beendigung des Konflikts hoffnungslos gespaltenen syrischen Nation und Region», fasste Ban die Beweggründe für den Rücktritt seines Sonderbeauftragten zusammen.
Schon damals sprach man in Genf von der «schwierigsten Vermittleraufgabe der Welt». Dass sie nicht nur schwierig, sondern auf absehbare Zeit unerfüllbar ist, hatte Brahimi sich wohl spätestens im April eingestanden. Er rief – so berichten es UNO-Insider – frustriert seinen obersten Dienstherren in New York an und bat um Verständnis für seinen Rücktritt.
Aus Loyalität zu den UNO und der Arabischen Liga, die er ebenfalls vertrat, wolle er noch so lange im Amt bleiben, bis ein möglicher Nachfolger gefunden sei. Wie es nun weitergehen, ob und wann es einen neuen, wenigstens halbwegs aussichtsreichen Anlauf zu echten Friedensverhandlungen geben kann, ist trotz aller beschwörenden Politiker-Statements unklar.
Keine Kompromissbereitschaft
Es war ja auch nicht Brahimi – oder vor ihm Annan –, der einer Lösung am Verhandlungstisch im Wege stand. Es sind die syrischen Konfliktgegner selbst, aber auch die Mächte hinter ihnen, die sich nach fast drei Jahren Bürgerkrieg mit mehr als 150'000 Toten und neun Millionen Vertriebenen immer noch als unfähig oder unwillig erweisen, Frieden zu schliessen.
Im März hat Brahimi dem UNO-Sicherheitsrat Bericht über seine Bemühungen bei den Genfer Treffen der Syrien-Konfliktparteien erstattet. «Auch nach zwei Gesprächsrunden zeigt keine der beiden Seiten Kompromissbereitschaft oder ein wirkliches Bewusstsein für das Leiden des syrischen Volkes», beklagte Ban Ki Moon anschliessend.
«Weder Ban noch Brahimi konnte soweit gehen, öffentlich auch Russland und die USA verantwortlich zu machen», sagt ein altgedienter UNO-Diplomat in Genf. «Doch jeder weiss, dass Brahimi sie intern immer wieder aufgefordert hat, Kompromisse einzugehen und mehr Druck auf den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und die Rebellen auszuüben.»
Neue Verhandlungen nicht absehbar
Mittlerweile haben die Bilder vom Ukraine-Konflikt jene aus Syrien verdrängt. Seit der Annexion der Krim durch Russland haben sich die politischen Fronten so verhärtet, dass Washington und Moskau kaum noch miteinander reden, auch nicht über das Blutvergiessen in Syrien.
Neue Verhandlungen der syrischen Bürgerkriegsgegner in Genf sind auch deshalb nicht absehbar. Beide Seiten hatten einen von Brahimi dafür vorgeschlagenen Termin am 10. Februar verstreichen lassen. Seitdem gab es keine diplomatischen Fortschritte.
Seine Enttäuschung darüber sei gross gewesen, hiess es in Brahimis Umfeld. Was er für den Fall eines Scheiterns der Verhandlungen befürchte, wurde der UNO-Krisendiplomat vor der Verhandlungsrunde im Januar gefragt. Seine Antwort: «Dass die Syrer und alle anderen irgendwann aufwachen, um festzustellen, dass Syrien inzwischen vollständig zerstört ist.»