Die isländische Opposition hat nach Enthüllungen über eine Briefkastenfirma auf den Britischen Jungferninseln einen Misstrauensantrag gegen Regierungschef Sigmundur Gunnlaugsson gestellt. Wann über den Antrag entschieden werden sollte, ist noch unklar. Der Politiker lehnt einen Rücktritt ab.
Gleichzeitig kam es vor dem Parlament zu einer Grossdemonstration mit tausenden Demonstranten. Eine Online-Petition, die den Abgang Gunnlaugsson verlangt, sammelte innert kürzester Zeit zehntausende Unterschriften. Und das, obwohl Island nur 330'000 Einwohner zählt.
Zuvor war der Name des liberalen Ministerpräsidenten Sigmundur Gunnlaugsson in Verbindung mit den sogenannten «Panama Papers» aufgetaucht. Aus denen soll hervorgehen, dass etliche Prominente ihr Geld in Offshore-Firmen versteckt haben.
Firma an eigene Frau verkauft
Gunnlaugsson soll demnach über Jahre Mitbesitzer einer Offshore-Firma gewesen sein, die auf den Jungferninseln in der Karibik bis heute ihren Sitz hat. Als er nach den Wahlen im Jahre 2009 bereits im Parlament sass und den Vorsitz der heute regierenden liberalen Partei übernommen hatte, verkaufte er die Hälfte der mehrere Millionen Franken schweren Firma für einen Dollar an seine Frau – am Tag bevor ein neues Transparenzgesetz ihn zur Offenlegung seiner finanziellen Interessen verpflichtet hätte.
Am Sonntagabend hatte das isländische Fernsehen ein Interview mit Ministerpräsident Gunnlaugsson ausgestrahlt. Darin betont dieser zuerst, wie unverzeilich es wäre, dem Staat und den Steuerbehörden etwas vorzuenthalten.
Im Interview mit einem schwedischen Journalisten, der sich an den «Panama Papers»-Recherchen beteiligte, wird der Ministerpräsident dann gefragt, ob er gegenüber den Steuerbehörden all seine Vermögenswerte stets korrekt mitgeteilt habe.
«Selbstverständlich», antwortet Gunnlaugsson und fügt hinzu: «Das ist aber eine ungewöhnliche Frage.» Schliesslich wird er mit Belegen zu seiner früheren Finanzfirma Wintris konfrontiert. Er gerät ins Stocken und bricht das Interview ab.
Versprechen nicht eingehalten
In Island kommen diese Enthüllungen ganz schlecht an. Denn das Volk hatte den amtierenden Regierungschef und seine liberalkonservative Koalition vor drei Jahren aufgrund eines Versprechens gewählt: den Forderungen ausländischer Offshore-Firmen an das seit dem Finanzcrash im Herbst 2008 krisengeplagte Land entschieden entgegenzutreten.
Denn damals verloren sehr viele Isländer nicht nur über Nacht ihre Vermögen, sondern verschuldeten sich auch auf lange Zeit hinaus. Bis heute sind sie nicht dazu berechtigt, Vermögenswerte aus dem Land hinaus zu transferieren.