Das höchste UNO-Gericht in Den Haag hat den seit Jahrzehnten umstrittenen Bezirk um den Tempel Preah Vihear vollständig Kambodscha zuerkannt. Thailand müsse seine Soldaten und Polizeikräfte aus der Region abziehen, urteilten die Richter.
Tempel auf einem Felsvorsprung
Der Streit hat eine Vorgeschichte – und vordergründig erscheint alles ganz einfach: Die Tempelanlage Preah Vihear ist tausend Jahre alt und unzweifelhaft im gleichen Stil erbaut wie die weltberühmten Ruinen von Angkor Wat in Kambodscha. Sie liegt genau dort, wo flaches und unumstritten kambodschanisches Land an steile Hügel stösst, die ebenso unumstritten zu Thailand gehören. Allerdings steht der Tempel nicht unten im Flachland, sondern oben, an bester Aussichtslage, auf einem Felsvorsprung.
Unvollständiger Richter-Entscheid
Richtig kompliziert gemacht hat die Sache, dass ebenfalls der Internationale Gerichtshof 1962 bereits einmal ein Urteil zum Tempelstreit fällte. Er sprach zwar den Tempel selbst Kambodscha zu, liess jedoch die Grenzziehung im Umland ungeregelt. Nur über dieses Gebiet aber ist der Tempel für diejenigen zugänglich, die nicht über Bergsteigerausrüstung oder Flügel verfügen.
Konflikt muss friedlich gelöst werden
Fortan hing der Zugang von Kambodscha aus also vom Goodwill thailändischer Grenzsoldaten ab. Ein idealer Konflikt war geschaffen, der von Nationalisten in Thailand immer dann aufgewärmt und geschürt wurde, wenn es innenpolitisch opportun war. Mehrere Male kam es zu Kämpfen mit kambodschanischen Soldaten, zuletzt im Frühling 2011. Damals starben 18 Menschen, Tausende wurden in die Flucht getrieben.
Das UNO-Gericht stellte nun fest, dass Thailand den ungehinderten Zugang zu dem Tempel sicherstellen müsse. Beide Seiten seien verpflichtet, den Konflikt friedlich zu lösen, erklärte der Vorsitzende Richter. «Kambodscha und Thailand müssen kooperieren, um das kulturelle Erbgut zu schützen.»