Nach monatelangem politischen Machtkampf in Thailand hat die Armee das Kriegsrecht verhängt. Sie übernimmt damit die Federführung bei Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung im Land. Armeechef Prayuth Chan Ocha rief die Menschen auf, nicht in Panik zu geraten, sondern normal weiterzuleben.
Fernsehsender berichteten unter Berufung auf die Armee, es handle sich nicht um einen Putsch. Ein Armeesprecher sagte der Nachrichtenagentur Reuters, der Ausnahmezustand sei verhängt worden, weil sich die Sicherheitslage verschlechtert habe. Das verhängte Kriegsrecht habe nichts mit der Regierung zu tun, diese sei noch immer im Amt. Kurz danach sagte ein Regierungsberater, das Kabinett werde noch heute zu einem Krisentreffen an einem geheimen Ort zusammenkommen.
Zehn TV-Sender abgeschaltet
Allerdings schränkte die Armee die Pressefreiheit ein. So wurden zehn TV-Sender abgeschaltet. Begründet wurde die Anordnung damit, es müsse sichergestellt werden, dass «Nachrichten nicht verfälscht werden, was den Konflikt anheizen könnte». Unter den geschlossenen Sendern sind sowohl Blue Sky – er steht den Regierungsgegnern nahe – als auch ein Sprachrohr der Regierungsanhänger, der Rothemden.
In Bangkok ging das Leben zunächst normal weiter. Im morgendlichen Berufsverkehr waren die Strassen wie immer verstopft. Es herrscht «das übliche Chaos», wie SRF-Ostasienkorrespondent Urs Morf ausführt. «Wenn man nicht darauf achtet, dass an allen wichtigen Stellen Truppen stationiert sind, läuft das Leben ganz genau so weiter wie immer.»
Allerdings seien die beiden Protestlager der Regierungsanhänger und -gegner von Soldaten umstellt worden, weitere Demonstrationen seien verboten worden. Laut Morf hätte ohne das Eingreifen der Armee tatsächlich das Risiko bestanden, dass die beiden verfeindeten Lager bald einmal aufeinander getroffen wären. «Dann gäbe es wahrscheinlich wirklich Tote in Thailand.»
Wie weiter in Thailand?
Unklar bleibt, wie es nun weitergeht. Während die Regierungsanhänger rasche Neuwahlen verlangen, beharren die Regierungsgegner darauf, dass ein nicht gewählter Expertenrat die Regierungsgeschäfte über- und die in ihren Augen dringenden Reformen in Angriff nimmt.
Armeechef Prayuth, der in wenigen Wochen in den Ruhestand geht, hatte einen Putsch monatelang abgelehnt. Vergangene Woche drohte er allerdings mit hartem Durchgreifen, nachdem bei einem Angriff auf ein Protestlager von Demonstranten erneut Menschen ums Leben kamen. Bei den Protesten gegen die Regierung waren mehrfach Granaten abgefeuert worden. Mehr als 25 Menschen wurden seit letztem November getötet.
Unversöhnliche Lager von Gegnern und Anhängern Thaksins
An 7. Mai hatte das Verfassungsgericht Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra und mehrere ihrer Minister wegen Machtmissbrauchs des Amtes enthoben. Niwatthamrong Boonsongphaisan übernahm die Regierungsgeschäfte bis zu Neuwahlen, deren Termin allerdings noch offen ist. Seither hat sich die Lage in dem bei Touristen beliebten Land verschärft.
In Thailand versuchen Regierungsgegner seit November 2013, die Regierung zu stürzen. Sie werfen ihr Korruption, Machthunger und Ausbeutung des Staates vor. Hassfigur ist für sie Thaksin Shinawatra, der Regierungschef, der 2006 gestürzt wurde und Bruder von Yingluck. Er gängelt die Regierungspartei aus dem Exil. Die Protestierenden wollen Thaksins Einfluss auf die thailändische Politik für immer ausmerzen.