Die Witwe des jugoslawischen Staatsgründers Josip Broz Tito, Jovanka Broz, ist tot. Die 88-Jährige starb nach Angaben ihrer Ärzte nach einer mehrmonatigen Behandlung in einem Belgrader Spital. Dort hatte sie zuletzt wochenlang auf der Intensivstation gelegen.
Broz, eine Partisanin im Zweiten Weltkrieg, war seit 1952 mit Tito verheiratet gewesen. Während seiner Zeit als Staats- und Parteichef wurde ihr grosser politischer Einfluss zugeschrieben.
Glamour in den siebziger Jahren
An der Seite ihres Mannes stand Broz jahrzehntelang im Blitzlichtgewitter der Fotografen. In den 60er und 70er Jahren traf sie Kaiser und Könige, Hollywoodgrössen und Spitzenpolitiker.
Das glamouröse Leben des in Jugoslawien nahezu allmächtigen Paares machte auch weltweit Schlagzeilen. Legendär waren die Feste mit internationaler Prominenz auf der Privatinsel Brioni in der nördlichen Adria.
Der Absturz nach dem Tod ihres Mannes war umso grösser. Broz wurde kaltgestellt. Weil seine zerstrittenen Nachfolger fürchteten, sie besitze ein politisches Testament, wurde die Tito-Witwe über Nacht aus der Staatsresidenz vertrieben – nach ihren eigenen Worten «wie ein Hund». Jahrzehntelang stand sie anschliessend unter Polizeibeobachtung, zeitweise sogar unter Hausarrest. Garderobe, Möbel und Schmuck wurden ihr weggenommen, zuletzt lebte sie in ärmlichen Verhältnissen in Belgrad. Erst 2009 erhielt Broz wieder ID und Reisepass.
Relativer Wohlstand
Titos Ziel, alle Südslawen in einem einzigen Staat Jugoslawien zu vereinen, war schon bald nach seinem Tod 1980 gescheitert. Viele Bürger in den sieben Nachfolgestaaten trauern dennoch bis heute den «goldenen sechziger und siebziger Jahren» nach.
Damals erlebte Jugoslawien dank grosszügiger Kredite aus Ost und West eine bis heute unerreichte Blüte. Die Menschen genossen einen relativen Wohlstand und konnten mit ihrem jugoslawischen Pass ohne Visum in alle Welt reisen.