Alexander Perepilichny war die Schlüsselfigur in einem grossen Geldwäscherei-Fall. Vor seinem Tod hatte der Russe hochbrisante Dokumente weiter gegeben – auch an die Schweizer Bundesanwaltschaft (BA). Hohe russische Beamte und Polizisten sollen russische Steuergelder gestohlen haben. Die BA eröffnete im März 2011 eine Untersuchung wegen Verdachts auf Geldwäscherei.
«Die Bundesanwaltschaft hat in diesem Verfahren einen zweistelligen Millionenbetrag bei Finanzinstituten in der Schweiz blockiert, und die bleiben vorderhand auch blockiert», sagt BA-Sprecher André Marty. Dabei geht es laut Medienberichten und Insidern um 20 Millionen Dollar auf Konten der Credit Suisse. Beim zweiten Finanzinstitut soll es sich um die UBS handeln. Beide Banken nehmen aber keine Stellung zu Kundenbeziehungen.
Neue Spur erhärtet Verdacht eines Auftragsmords
Die Umstände des plötzlichen Todes von Perepilichny waren von Anfang an suspekt. Er war Finanzberater derjenigen russischen Beamten gewesen, die verdächtigt werden, 230 Millionen Dollar russische Steuergelder veruntreut zu haben. Dann überwarf er sich mit seinen Auftraggebern, setzte sich nach Grossbritannien ab und kooperierte mit den Behörden. Er erhielt Morddrohungen. Im November 2012 brach der 44-Jährige beim Joggen zusammen und starb. Die offizielle Todesursache ist bis heute nicht bekannt.
Nun aber hat eine renommierte britische Giftpflanzen-Expertin im Magen des Verstorbenen Spuren einer seltenen und hochtoxischen Pflanze gefunden, wie britische Medien berichten. Es soll sich um die Pflanzengattung Gelsemium handeln, die nur in abgelegenen chinesischen Provinzen wächst und offenbar von chinesischen und russischen Auftragsmördern benutzt wird. Ein britisches Gericht hat nun weitere Untersuchungen zu dem Fall angeordnet.
Die BA habe die neue Entwicklung zur Kenntnis genommen, sagt Sprecher Marty dazu. «Wir haben diesbezüglich unser Strafverfahren erneut überprüft und intensivieren momentan den Kontakt zu ausländischen Strafverfolgungsbehörden.»
Mit dieser Antwort nicht zufrieden ist der Brite Bill Browder. Er war einst der grösste Investor in Russland. Es war sein Anwalt Sergej Magnitsky, der den mutmasslichen Steuerdiebstahl aufdeckte und anzeigte. Daraufhin wurde der Anwalt verhaftet und starb 2009 in einem russischen Gefängnis. 2010 erhielt Browder von Perepilichny Dokumente, die Aufschluss über den Geldfluss in die Schweiz gaben, und intervenierte bei den Schweizer Behörden.
Es scheint, als ob die Schweizer Behörden Angst vor Russland haben und den Fall lieber liegen lassen.
Vier Jahre nun ermittle die Bundesanwaltschaft schon, ohne Resultat, sagt Browder. «Es ist bemerkenswert, wie wenig die Schweizer Behörden bislang getan haben und wie langsam sie arbeiten», und vermutet, das habe System.
Komplexes Verfahren
BA-Sprecher Marty lässt den Vorwurf, die Bundesanwaltschaft arbeite zu langsam, nicht gelten. Allerdings sagt er: «Es handelt sich um ein überaus komplexes und politisch sensibles Verfahren, mit verschiedenen involvierten Staaten.» Das führe zwangsläufig dazu, dass alles eben länger dauere.
Auch im Kreml wird der Fall aufmerksam verfolgt. Für das offizielle Russland sind der tote Anwalt Magnitsky und der britische Investor Browder verurteilte Kriminelle. Auf dem Tisch der Schweizer Bundesanwaltschaft liegt also tatsächlich ein politisch heikles Dossier.