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International «Totengräberin der EU? Ein Kompliment!»

Im ausführlichen Interview mit «Rundschau»-Moderatorin Susanne Wille sagt Rechtsaussen-Politikerin Marine Le Pen, warum sie gerne Totengräberin der EU wäre, weshalb ein Austritt Frankreichs die logische Folge des Brexit sei und warum sie stolz auf dunkelhäutige Nationalspieler ist.

Im Interview mit der «Rundschau» zieht die Kandidatin für die Präsidentschaftswahlen in Frankreich und Parteichefin des rechtsextremen Front National, Marine Le Pen, ein erstes Fazit zum Brexit.

«Grossbritannien ist nicht untergegangen»

Bereits fünf Tage nachdem Grossbritannien Europa den Rücken zugekehrt hat, ist für Marine Le Pen, Parteichefin des rechtsextremen Front National eines klar: «Grossbritannien ist nach dem Brexit nicht untergegangen. Keine der Katastrophen, die man uns prophezeit hatte, ist eingetroffen.»

Im Interview mit Susanne Wille bekräftigt Le Pen, sie werde ein Referendum zur EU abhalten, wenn sie nächstes Jahr zur französischen Präsidentin gewählt würde. «Wir möchten unsere Autonomie zurück. Wir möchten nicht, dass die EU entscheidet, wer in unser Land kommt und bleiben darf.»

Den Einwand, dass ein Frexit laut Ökonomen wirtschaftlicher Selbstmord bedeute, stellt Le Pen in Abrede – und lobt die Schweiz. «Es gibt Länder, denen es sehr gut geht, beispielsweise die Schweiz.»

Für Europa als grosses Friedensprojekt hat die Rechtsaussen-Politikerin nur Hohn und Spott übrig. «Das ist alles blabla, blabla.» Dies seien leere Worte der EU-Befürworter.

Ein Europa à la carte

Gefragt nach ihrer Vision von Europa, nennt Marine Le Pen ein «Europa der Nationen», an dem sich einzelne Länder je nach Nutzen beteiligen – oder auch nicht. Le Pen zur «Rundschau»: «Es ist ein Europa, in dem Projekte auf die Beine gestellt werden und jedes Land gefragt wird, ob es dabei mitmachen will. Jedes Land kann abwägen, ob sich diese Projekte mit den eigenen Interessen decken.»

Als Beispiele solch einer EU à la carte nennt die Französin die beiden Wirtschaftsprojekte Airbus und Ariane. In den 1970er-Jahren lancierten die grossen europäischen Industrienationen diese beiden Flugzeug- und Raketenbauprogramme.

Nationalteam: «Egal, dass diese Spieler keine französischen Wurzeln haben»

Aktuell stehen mehr dunkel- als hellhäutige im Team der französischen Nationalmannschaft. Für Einwanderungsgegnerin Le Pen ist dies vier Tage vor dem EM-Viertelfinal offenbar kein Problem. Le Pen sagt: «Es ist mir völlig egal, dass diese Spieler keine französischen Wurzeln haben. Ich werde das französische Nationalteam unterstützen. Das sind Franzosen.»

Auf Nachfrage der «Rundschau»muss Le Pen allerdings einräumen: «Wenn wir an der Macht wären, hätten viele Menschen die französische Staatsbürgerschaft erst gar nicht erlangt.»

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