Der Friedensplan für die Ukraine liegt auf dem Tisch, doch dessen Umsetzung harzt. Die pro-russischen Kräfte stellen Bedingungen für ihre Entwaffnung: Die Kiewer Regierung müsse den Militäreinsatz gegen die eigene Bevölkerung beenden. Dies forderte der Separatistensprecher Miroslaw Rudenko. Er meinte damit die vor einigen Tagen begonnene «Anti-Terror-Operation» des ukrainischen Geheimdienstes, die weiter läuft.
Der Separatisten-Sprecher stellte noch eine weitere Bedingung: Kiew müsse festgenommene Anführer freilassen und Ultra-Nationalisten wie den Rechten Sektor entwaffnen. Vertreter der von Separatisten ausgerufenen «Republik Donezk» forderten zudem den Rücktritt der ukrainischen Führung.
Auch Moskau sieht zunächst die Ukraine am Zug. Kiew müsse «faschistische» Milizen entwaffnen, erklärte Russlands Aussenministerium. Zudem zieht Russland seine Truppen an der ukrainischen Grenze nicht ab. Ein Kreml-Sprecher bestätigte dies – «wegen der Situation» im Land. Einige seien regulär stationiert, einige habe Russland zur Verstärkung beigezogen, sagte er.
Westen will Moskau in der Pflicht
Der Westen forderte hingegen rasche konkrete Schritte Russlands. US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel fassten weitere Sanktionen ins Auge, «falls sich diese Deeskalation nicht in kurzer Zeit vollzieht», teilte das Weisse Haus mit.
Die USA würden sehr genau beobachten, ob Russland seinen Einfluss auf die Separatisten im Osten der Ukraine nun geltend machen werde, damit diese wie vereinbart ihre Waffen niederlegten und besetzte Gebäude verliessen. Das sagte Obamas Sicherheitsberaterin. Die USA werfen Moskau seit längerem vor, hinter den Separatisten in der Ostukraine zu stehen.
Das Aussenministerium in Moskau wies diese Drohungen als «inakzeptabel» zurück. «Es entsteht der Eindruck, dass die Sanktions-Sprache für Washington immer mehr die Diplomatie ersetzt», hiess es.
Regierung in Kiew skeptisch
Die Genfer Krisengespräche hätten den Weg freigemacht für eine friedliche Lösung des Konflikts. Dagegen äusserte sich der ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk skeptisch. Die Ukraine habe keine allzu hohen Erwartungen, dass sich die Lage nun beruhige. Die «Extremisten und Terroristen» in der Ostukraine forderte er zur Aufgabe auf: «Kommt raus, Eure Zeit ist abgelaufen.»
Erneut stellte die Regierung eine Verfassungsreform in Aussicht, bei der Rechte der russischen Minderheit gewahrt würden. Inzwischen lässt der Grenzschutz der Ex-Sowjetrepublik aber keine Russen im Alter zwischen 16 und 60 Jahren mehr einreisen – aus Angst, sie könnten die pro-russischen Kräfte verstärken.
«Das geht den pro-russischen Kräften in der Ukraine allerdings viel zu wenig weit», sagt SRF Korrespondent Christoph Wanner. Dies Kräfte glaubten der Regierung in Kiew nicht. «Sie bezeichnen die Regierung als Faschisten und schauen sie als illegitim an», so Wanner.
Wichtige Rolle der Schweiz
Die Chefdiplomaten der USA, der EU, Russlands und der Ukraine hatten sich am Donnerstag in Genf auf einen Plan zur Lösung der Krise geeinigt. Er sieht Gewaltverzicht, die Entwaffnung der Bürgermilizen und den Einsatz internationaler Beobachter vor. Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sollen die Umsetzung der Vereinbarung überprüfen.
Dabei spielt die Schweiz eine massgebliche Rolle. Die OSZE, deren Vorsitz Bundespräsident Didier Burkhalter innehat, soll bei der Vermittlung entscheidend mitwirken. Der Schweizer OSZE-Sondergesandte, Tim Guldimann, sagte, man werde in den nächsten Tagen entscheiden, wie die Umsetzung des Plans im Detail aussehen könnte.