Atomstrom ist ausserhalb der Schweiz beliebt. Die Atomenergiebehörde der Uno, die IAEA, schätzt, dass bis 2030 insgesamt 68 Prozent mehr Atomstrom hergestellt werden. Dies unter der Annahme eines positiven Wirtschaftswachstums, einer griffigen Klimapolitik und höheren Öl- und Gaspreisen.
Der Fukushima-Effekt ist also bereits wieder verpufft. Für kurze Zeit sah es nach der Nuklearkatastrophe in Japan im Frühjahr 2011 so aus, als bewirke sie ein weltweites Innehalten, ja sogar den schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie. Davon kann offenkundig keine Rede mehr sein.
China alleine baut 24 Atommeiler
Yukia Amano, der Chef der IAEA, ruft zwar die Regierungen, Kontrollinstanzen und Betreiber von Atommeilern dazu auf, Lehren aus Fukushima zu ziehen. Doch diese Lehren sieht er nicht im Verzicht auf die Kernenergie, sondern in besseren, gründlicheren und unabhängigeren Kontrollen. Das ist nicht zwingend überraschend, denn eines der Hauptziele der Uno-Organisation ist die weltweite Förderung der Atomenergie.
Amano preist die Atomenergie als umweltfreundliche Alternative zu den klimaschädlichen, schadstoffintensiven fossilen Brenn- und Treibstoffen. In vielen Ländern sieht man das genauso, obschon die Endlagerung von radioaktivem Material noch immer nicht überzeugend gelöst ist.
Das Wachstum findet ausserhalb Europas statt: In Nordamerika ist mit einem leichten, in Osteuropa mit einem moderaten, in Lateinamerika, Asien und Afrika gar mit einem kräftigen Wachstum zu rechnen. Allein in Russland sind 9, in China gar 24 Atommeiler in Bau. 30 Länder steigen zurzeit in die Kernenergie ein.
Sicherheit im Fokus
Im Moment gibt es weltweit 438 Atomkraftwerke. Viele von ihnen sind betagt, einige gar hochbetagt, also schon über 40 Jahre alt. Sie müssen bald stillgelegt werden. Doch für jeden Meiler, der eingemottet wird, wird mindestens ein neuer gebaut; in der Regel einer mit fast doppelt so hohen Kapazitäten. Viele der neuen AKW werden in Schwellen- oder Drittweltländern stehen, wo die Sicherheit und Überwachung noch weniger gewährleistet sein dürfte als selbst im hochentwickelten Japan.
Zumindest punkto Sicherheit macht man sich bei der atomfortschrittsgläubigen IAEA etwas Sorgen. Seine Organisation sei immer stärker gefordert, zur Sicherheit von Atomkraftwerken beizutragen, sagt Yukia Amano. Doch auch diese Herausforderung lasse sich meistern, ist er überzeugt. Die Mitgliedländer müssten bloss ihre Beiträge ans Budget der Uno-Organisation kräftig erhöhen.