Gewiss: Wenn eine Blockade auf einmal gelöst wird, ist das zunächst Grund zur Freude. Zur Genugtuung. Die Diplomatie war im Syrienkrieg und im Konflikt um das iranische Atomprogramm lange genug blockiert. Und zwar total.
Im Fall Syrien ist es überfällig, dass der UNO-Sicherheitsrat endlich handelt. Seine Tatenlosigkeit war ein Desaster für die Idee der Vereinten Nationen. Das mächtigste UNO-Gremium handelt aber auch jetzt bloss begrenzt auf ein konkretes Thema hin: Auf die syrische C-Waffenabrüstung.
«Vieles wäre möglich, wenn man geeint wäre»
Diese Abrüstung wird schwierig, aber sie ist machbar. Gut möglich, dass hier nun tatsächlich etwas passiert. Es scheint, als habe sich Diktator Baschar al-Assad damit abgefunden, dass er auf seine Giftgasarsenale verzichten muss. Auch ohne dass ihn Militärschläge dazu zwingen. Vielmehr weil das auch seine engsten Verbündeten, Russland und Iran, so wollen.
Die Einsicht dürfte ihm umso leichter fallen, als C-Waffen für ihn nicht kriegsentscheidend sind.
Gerade weil die Grossmächte wenigstens in der C-Waffenfrage den Schulterschluss praktizieren, tut sich hier jetzt was. Das zeigt zugleich, was möglich wäre, wenn sie grundsätzlich im Syrienkonflikt geeint vorgingen. Doch ein Friede in Syrien ist heute, am Tag nach der russisch-amerikanischen Einigung auf eine Resolution, so fern wie er gestern war.
Iran: Einsicht oder Charmeoffensive?
Fragezeichen gibt es auch beim iranischen Atomkonflikt. Eine Charmeoffensive ist noch kein Verhandlungserfolg. Den Worten müssten Taten folgen. Deshalb stimmt misstrauisch, dass beide Seiten in New York über die Substanz, über mögliche Zugeständnisse, über nötige Kompromisse noch nicht einmal geredet haben.
Das heisst: Auf dem Tisch liegt einzig, wie schon seit langem, ein Papier, das man mit «Less for Less» bezeichnen könnte: Weniger Urananreicherung des Irans, dafür weniger westliche Sanktionen. Will heissen: Der Westen billigt dem Iran eine niedrige Urananreicherung zu, eine wie sie zur Brennstoffgewinnung für Atomkraftwerke nötig ist. Der Iran verzichtet im Gegenzug auf die höhere Urananreicherung und auf Plutoniumprogramme. Und er erlaubt volle Transparenz und umfassende Kontrollen durch die UNO-Atombehörde.
Irans Präsident Hassan Rohani betonte am UNO-Hauptsitz mehrfach: Eine Lösung sei in drei bis sechs Monaten erreichbar. Ist das bloss eine überaus optimistische Einschätzung? Oder besagt es vielmehr, dass ihm sein Chef, der für alles Aussenpolitische Verantwortliche in Teheran, Ali Chamenei, bloss so viel Zeit einräumt, um die Sanktionen abzuschütteln? Und dass, falls Rohani scheitert, wieder Schluss ist mit iranischem Charme?
Immerhin und trotz allem: Statt Stillstand herrscht nun Bewegung. Und wo Bewegung herrscht, weiss niemand, wie weit sie geht und wohin sie führt. Ob Syrien, ob Iran - der politische Weg wird nun endlich beschritten. Das ist richtig. Selbst wenn die Gefahr gross ist, dass er in eine Sackgasse mündet.
(from/fasc;webk)