US-Präsident Barack Obama hat sich in die Bemühungen um eine Beilegung des Haushaltsstreits eingeschaltet. Für Freitag lud er den republikanischen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, John Boehner, den republikanischen Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell sowie seine Verbündeten in Senat und Abgeordnetenkammer, Harry Reid und Nancy Pelosi, zu sich.
Kämpfen um ein wenig Spielraum
Die USA erreichen nach Angaben von Finanzminister Timothy Geithner am 31. Dezember ihr derzeitiges Schuldenlimit von 16,4 Billionen Dollar. Geithner will eingreifen und einen Manövrierraum im Umfang von 200 Milliarden Dollar schaffen.
Damit könnten die USA noch etwas länger ihre Rechnungen bezahlen. Aber während solche Massnahmen – finanzielle Umschichtungen im Rahmen des Etats – normalerweise für ungefähr zwei Monate Luft schaffen würden, sei das diesmal nicht sicher.
Er verwies auf die Unsicherheit, die der derzeitige ungelöste Haushaltsstreit im Kongress für die Finanzplanung bringe. Das gelte etwa für Steuereinnahmen.
Geithner bezog sich auf das Ringen zwischen den oppositionellen Republikanern und Präsident Barack Obama um ein Programm zum Defizitabbau. Letzterer brach gar seine Ferien auf Hawaii ab, um in das Tauziehen mit den Republikanern einzugreifen.
Beilegung in letzter Minute?
Kommenden Sonntag will nun das Repräsentantenhaus zu einer Arbeitssitzung zusammenkommen. Dies sagten Vertreter der Republikaner und bestätigten damit einen Bericht des TV-Senders CNBC. Die Sitzung soll um 18.30 Uhr Ortszeit (00.30 Uhr MEZ) beginnen – genau einen Tag, bevor die Frist endet.
Wird bis zum Jahresende kein Kompromiss erreicht, droht der Sturz von der sogenannten Fiskalklippe. Das heisst, ab 1. Januar würden automatisch die Steuern erhöht und die Ausgaben massiv gekürzt. Obama dringt auf eine auf zwei Jahre angelegte Anhebung der Schuldenobergrenze.
Wall Street bleibt noch ruhig
«Der grosse Wurf wird kaum mehr möglich sein», sagte Jens Korte in der «Tagesschau». «Dennoch ist keine sehr grosse Nervosität spürbar.» An der Wall Street hoffe man noch auf einen kleineren Kompromiss, um das Gröbste zu verhindern.
Auch ein Experte des Finanzdienstleisters Nomura Securiteis bleibt noch optimistisch. «Die einfache Annahme, dass der Sturz über die Fiskalklippe unweigerlich eine Rezession im kommenden Jahr bedeutet, ist falsch», sagt Lewis Alexander. «Tatsächlich hängt es letztlich davon ab, wie lange die Massnahmen bestehen bleiben.» Kurseinbrüche an den Märkten sind wahrscheinlich, bleiben wohl aber zeitlich beschränkt.
Auf lange Frist würde es schwierig
Auch wenn sich die Steuerbelastung 2013 für alle US-Bürger um rund 536 Milliarden Dollar erhöht, werden die Abgabenerhöhungen für die meisten zunächst wohl moderat ausfallen. Denn das Auslaufen von Sozialversicherungen und Einkommensteuerkürzungen würde aufs ganze Jahr verteilt.
Damit würden auf den Lohnschecks von Steuerzahlern mit Einkommen von 40'000 bis 65'000 Dollar pro Jahr im Durchschnitt rund 1500 Dollar weniger stehen. Von einem Drittel der Steuererhöhungen wären die meisten Amerikaner gar nicht betroffen. Treffen dürfte es jedoch Unternehmen.
Bleibt die USA finanzpolitisch aber weitere Zeit in der Schwebe, dürfte die Situation sich auch nach Ansicht der Wirtschaftsexperten verschlimmern. So glaubt auch SRF-Börsenkorrespondent Jens Korte, dass die Wall Street sich derzeit etwas vormache. Denn spätestens Ende März warte die nächste Deadline, um eine Einigung über die Anhebung der Schulden-Obergrenze zu erzielen.