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Armut in Los Angeles.
Legende: Trotz Obamacare: Obdach- und mittellose Menschen in den USA werden oft mit anderen Ellen gemessen. Keystone/Archiv

International US-Spital setzt mittellose Patientin aus – mit teuren Folgen

Ein Spital in Los Angeles hat eine mittellose Schizophrenie-Patientin kurzerhand vor einem Obdachlosenheim abgesetzt, um sich schadlos zu halten. Nun hat ein Gericht die Verantwortlichen mit 450'000 Dollar gebüsst. Das könnte eine Signalwirkung haben, schätzt US-Korrespondent Beat Soltermann.

Im Fall des «Gardens Regional Hospital» geht es um eine 38-jährige Patientin, die unter Schizophrenie und anderen Geisteskrankheiten leidet. Der Vorwurf an die Spitalleitung: Die mittellose Frau soll im April 2015 nur mit einem Schlafanzug bekleidet vor einem Obdachlosenasyl in einem Problemviertel von Los Angeles abgesetzt worden sein. Ohne Geld, Medikamente und Ausweispapiere. Dort irrte sie stundenlang durch die Strassen, ehe die Polizei sie aufgriff. Laut Klageschrift war die Betroffene zuvor bereits fünf Mal von Spitälern auf der Strasse ausgesetzt worden.

Beat Soltermann

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Beat Soltermann

Seit 2011 berichtet Beat Soltermann für SRF aus Washington D.C. Zuvor arbeitete er in der SRF-Wirtschaftsredaktion und empfing die Gäste der «Samstagsrundschau».

Bei der Klage sei es der Stadt Los Angeles nicht in erster Linie um die Strafzahlung von 450‘000 Dollar gegangen, erklärte Staatsanwalt Mike Feuer. Vielmehr sollten Spitäler dazu ermuntert werden, Regeln zum würdigen Umgang mit obdach- und mittellosen Patienten aufzustellen.

«Ein besonders tragischer Fall»

Der vorliegende Fall sei besonders tragisch, richte sich das betroffene Spital doch vor allem an Menschen mit tiefen Einkommen, die rund um dieses Spital wohnten, berichtet US-Korrespondent Beat Soltermann. Der Umgang mit der Frau komme das Spital nun teuer zu stehen.

Mit Obamacare gibt es seit 2014 zwar eine Versicherungspflicht für alle Amerikanerinnen und Amerikaner. Allerdings besteht keine Pflicht für Ärzte und Spitäler, Patienten aufzunehmen. Zwar tun dies die meisten Ärzte und öffentlichen Spitäler, aber längst nicht alle Privatspitäler.

Aufmerksamkeit garantiert

Das betroffene Spital seinerseits akzeptiere zwar Obamacare-Patienten, stecke aber auch in finanziellen Schwierigkeiten, ergänzt Soltermann: «Offenbar wollte man mit der Frau Geld sparen, da sie kein Notfall mehr war und es nicht um Leben oder Tod ging.»

Die happige Strafzahlung dürfte nun laut Soltermann zumindest bewirken, dass Spitaldirektionen im ganzen Land den Fall aufmerksam studieren. Möglicherweise werde man neue Richtlinien entwickeln und sich grundsätzlich überlegen, wie künftig mit zahlungsunfähigen Patienten umgegangen werden soll.

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