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Männer mit Gewehren hinter einem Erdwall
Legende: Schiitische Kämpfer, vom Iran unterstützt, gegen IS-Dschihadisten: Ein General Teherans kritisiert die USA. Keystone

International US-Strategie gegen IS in der Kritik

Washington rudert zurück: Nach der Schelte des Pentagon wegen mangelnder Kampfmoral irakischer Soldaten bemüht sich der US-Vizepräsident um Schadensbegrenzung. Gleichzeitig gerät die Anti-IS-Strategie des US-Präsidenten unter Beschuss, berichtet SRF-Korrespondent Beat Soltermann.

In einem Telefonat mit dem irakischen Regierungschef Haidar al-Abadi hat US-Vizepräsident Joe Biden die «enormen Opfer und die Tapferkeit» der irakischen Streitkräfte im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat IS gelobt. Wie das Weisse Haus weiter mitteilte, sagte Biden dem Irak die weitere Unterstützung der USA im Kampf gegen den IS zu.

Kritik an Anti-IS-Strategie der USA

US-Verteidigungsminister Ashton Carter war am Pfingstwochenende der Kragen geplatzt. Die strategisch wichtige irakische Stadt Ramadi sei in die Hände der IS-Terroristen gefallen, weil sich die irakische Armee freiwillig zurückgezogen habe, berichtet SRF-Korrespondent Beat Soltermann. Die irakische Armee habe keinen Kampfwillen, konstatierte Carter gegenüber CNN. «Wir können Waffen und Training liefern, aber kämpfen müssen die irakischen Soldaten schon selber». Die Iraker reagierten erbost.

Vizepräsident Biden versuchte darauf mit einem Telefonanruf die Wogen etwas zu glätten. Doch Carters Aussagen sind als Reaktion auf die wachsende Kritik an der offiziellen Anti-IS-Strategie der USA zu sehen.

Unmut auch in Obamas Partei

Skeptisch äussern sich neuerdings nicht nur Republikaner, sondern auch Demokraten. Der Kongressabgeordnete Adam Schiff aus Kalifornien erklärte gegenüber SRF-Korrespondent Soltermann: «Wir gewinnen nicht, aber wir verlieren auch nicht.» Solange die Sunniten in der irakischen Regierung nicht angemessener vertreten seien, erziele man keinen dauerhaften Fortschritt, glaubt er.

Tulsi Gabbard aus Hawaii, auch sie eine Demokratin, beklagt, die Kurden und Sunniten müssten praktisch um zusätzliche Waffen betteln. Aber weder die USA noch der Irak würden helfen; und ohne genügende Bewaffnung könne der IS voranschreiten.

Iranische Kritik an Washington

Zuvor hatte bereits der einflussreiche republikanische Senator John McCain ein direktes Eingreifen der USA in Irak gefordert. Er brachte die Entsendung von Bodentruppen ins Spiel: 10'000 US-Soldaten sollten direkt in die Kämpfe vor Ort eingreifen.

Währenddessen hat sich auch Teheran kritisch zur amerikanischen Strategie im Irak geäussert. Ein iranischer General monierte etwa, dass US-Truppen, die bereits im Zweistromland stationiert sind, nicht in die Kämpfe gegen die IS-Terrormiliz eingreifen.

Amerikanische Truppen sitzen unter dem Vorwand, der irakischen Nation zu helfen, nur ein paar Kilometer von Ramadi entfernt und tun verdammt nichts
Autor: Ghassem Sulejmani Iranischer General, Kommandant des Al-Kuds-Korps der Revolutionsgarden

Der iranische General Ghassem Sulejmani, Kommandant des Al-Kuds-Korps der Iranischen Revolutionsgarden, schob damit den Schwarzen Peter den USA zu.

«Amerikanische Truppen sitzen unter dem Vorwand, der irakischen Nation zu helfen, nur ein paar Kilometer von Ramadi entfernt und tun verdammt nichts», zitierte die staatliche iranische Nachrichtenagentur. «Was sollen wir davon halten?», fügte Sulejmani hinzu. «Die Amerikaner haben keinen Willen, gegen den IS zu kämpfen.» Der Iran unterstützt die schiitische Regierung in Bagdad mit Waffen und Militärberatern.

US-Präsident Barack Obama, der die Eroberung der irakischen Stadt Ramadi und der syrischen Stadt Palmyra durch den IS als «taktischen Rückschlag» bezeichnet hatte, hält aber an seiner Strategie fest. Für den Moment auf jeden Fall, wie SRF-Korrespondent Soltermann betont.

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Gegenoffensive angelaufen

Und die Lage in den Kampfgebieten spitzt sich weiter zu. Nach den jüngsten Rückschlägen im Kampf gegen die Extremistenmiliz IS setzen die syrische und die irakische Armee offenbar zu Gegenschlägen an.

Die syrische Luftwaffe flog am Montag mindestens 15 Angriffe in der Region Palmyra, wie die oppositionsnahe Beobachtungsstelle für Menschenrechte erklärte. Die antike Stadt war von den radikalen Kämpfern erobert worden. Zudem gab es Berichte , nach denen die Islamisten dort Hunderte Menschen, darunter viele Kinder, töten liessen.

Im Irak rückten Soldaten und schiitische Milizionäre weiter auf das vor gut einer Woche vom IS eingenommene Ramadi vor. Polizeikreisen zufolge eroberten sie ein Gebiet südlich der Provinzhauptstadt zurück. Der IS blieb jedoch nicht untätig. Augenzeugen zufolge schickte er Kämpfer zur Verstärkung nach Ramadi.

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