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Der venezolanische Präsident Nicolas Maduro.
Legende: Der venezolanische Präsident Nicolas Maduro setzt auf Repression und lässt auf Demonstranten schiessen. Reuters

International Venezuela richtet Waffen gegen eigenes Volk

Das Militär darf auf Demonstranten schiessen – so will es Staatspräsident Maduro. Grund sind wachsende Unruhen auf Grund wirtschaftlicher Engpässe. Die Situation erinnert fatal an alte Zeiten.

Der Zwischenfall trug sich gestern vor der katholischen Universität im Teilstaat Tachira zu. Die Belästigung von Studentinnen durch die Polizei weitete sich zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen Studenten und den Beamten aus. Diese zückten ihre Pistolen und schossen auf eine Gruppe Studierender. Drei von ihnen wurden verletzt. Gegen die Polizisten wurde ein Strafverfahren eröffnet.

Regierung zieht Schraube an

Der Vorfall zeigt, dass die Regierung die Schraube nochmals anzieht. Egal, ob es um Unpolitisches geht oder um Protest gegen die leeren Regale in den Läden. Schon bei den breiten Demonstrationen vor einem Jahr hatte es 43 Tote gegeben. Die meisten gingen auf das Konto von einer Art Revolutionsgarde des Präsidenten. Geheimdienstler und bewaffnete Regierungsanhänger spielen dort die Hauptrolle.

Kriegswaffen gegen protestierende Zivilisten

Keine Milch, keine Windeln, keine Zahncreme – die Wut auf die Regierung wächst. Erneut mehren sich die Proteste. Ohnmächtig gegenüber der Versorgungskrise und immer umstrittener selbst in seiner eigenen Partei sucht Präsident Maduro die Lösung nun mit verstärkter Repression. Mit dem Dekret 008610 hat er die Hoheit über die öffentliche Ordnung vor kurzer Zeit an die Streitkräfte übertragen. Die Uniformierten sollen nun die Rolle der gewaltbereiten Regierungsanhänger übernehmen.

Die Erlaubnis, Kriegswaffen gegen protestierende Zivilisten einzusetzen, weckt Erinnerungen an überwunden geglaubte Zeiten in Südamerika. An die 1960er und 1970er Jahre, als Militärdiktaturen jede oppositionelle Regung blutig niederschlagen liessen. Mit den Schüssen auf die Studenten in Tachira ist ein weiterer Schritt in diese Richtung gemacht.

Ulrich Achermann

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Porträt von Ulrich Achermann

Achermann ist seit 2003 SRF-Korrespondent und berichtet über alle Länder Südamerikas. Er hat in Rio de Janeiro und Buenos Aires gelebt. Zurzeit ist seine Basis in Chile.

Maduro mit schlechter Wirtschaft überfordert

Die Kritik des UNO-Hochkommissariats für Menschrechte oder der Organisation Amerikanischer Staaten am umstrittenen Dekret weist Venezuela als Einmischung in seine inneren Angelegenheiten zurück. Chavez-Nachfolger Maduro ist überfordert mit dem wirtschaftlichen Schlamassel, das die seit 1999 regierenden Linkspopulisten angerichtet haben.

Seine Glaubwürdigkeit leidet zusätzlich darunter, dass er den Preiszerfall beim Öl und die Lebensmittelknappheit als Resultat eines Wirtschaftskrieges der Vereinigten Staaten gegen sein Land darzustellen versucht.

In der bürgerlichen Opposition Venezuelas wiederum hat niemand das Format, den Studenten und den Hitzköpfen in den eigenen Reihen die Zügel anzulegen. Es ist unbestreitbar, dass es in Venezuela viele Gründe zur Unzufriedenheit gibt: Aber es ist zu befürchten, dass die Folge davon Proteste und noch mehr Tote sein werden.

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