Ermittler in Frankreich und Grossbritannien tappen in dem mysteriösen Fall weiter im Dunkeln: Mit Kopfschüssen waren der aus dem Irak stammende Brite Saad al-Hilli, seine Frau Ikbal, deren Mutter und ein französischer Velofahrer am 5. September 2012 auf einem Waldparkplatz bei Annecy nahe der Schweizer Grenze getötet worden. Die Familie befand sich dort in den Ferien.
Bruder festgenommen – und wieder freigelassen
Die britische Polizei teilte Anfang dieser Woche mit, sie habe den Bruder des getöteten Familienvaters festgenommen – wegen des Verdachts «der Beteiligung an einem Mordkomplott». Es gebe «ausreichend Belastungsmaterial» für ein Verhör in Polizeigewahrsam, hiess es.
Am Dienstag nun präzisierte der Staatsanwalt von Annecy, bisher seien dem Bruder, Zaid al-Hilli, keine «schwerwiegenden» Vorwürfe gemacht worden. Dieser sei gegen Kaution auf freiem Fuss. Jedoch nur bis Ende Juli, dann würden die Ermittlungen fortgesetzt.
Nicht zum ersten Mal verhört
Zaid al-Hilli war bereits kurz nach dem Vierfachmord ausführlich befragt worden. Er erschien damals sogar freiwillig bei der britischen Polizei, um seine Unschuld zu beteuern. Ende März wurde er erneut verhört.
Angehörige der Familie warfen den Ermittlern vor, sich einseitig auf die Spur der Familie zu konzentrieren. Sicher ist, dass der 2011 in Spanien verstorbene Vater der Brüder al-Hilli auf einem Schweizer Konto fast eine Million Euro liegen hatte. Die Polizei schloss einen blutigen Erbschaftsstreit nicht aus.
Zahlreiche Spekulationen
Die Ermittler gingen in den vergangenen Monaten aber auch dem Verdacht nach, dass die Morde mit der Arbeit von Saad al-Hilli als Ingenieur im sensiblen Luft- und Raumfahrtsektor zusammenhängen könnten. In der Presse kamen zudem Spekulationen auf, die von Geldwäsche für den irakischen Ex-Diktator Saddam Hussein bis zu einer Unterstützung des Iran durch den 50-Jährigen reichten.
Die beiden überlebenden Töchter der Familie konnten der Polizei nicht weiterhelfen: Die Ältere, die tagelang im künstlichen Koma lag, konnte sich lediglich an einen «bösen Mann» erinnern.
Die zwei Mädchen überlebten wie durch ein Wunder: Die damals siebenjährige Tochter wurde durch Schläge auf den Kopf und einen Schuss schwer verletzt. Ihre vierjährige Schwester überlebte unverletzt – sie wurde erst acht Stunden später in dem Auto der Familie entdeckt. Sie hatte sich unter der Leiche ihrer Mutter versteckt.
Die Familie al-Hilli hatte im idyllischen Claygate in der Grafschaft Surrey gewohnt, rund 30 Kilometer südlich von London.