Sie fliehen über die Grenze in die Nachbarländer – vertrieben aus dem syrischen Bürgerkrieg. Zuerst waren es einzelne, als der Konflikt zwischen Oppositionellen und der Regierung von Bashar al-Assad vor zwei Jahren ausbrach. Mehr Flüchtlinge folgten, kehrten ihrem Heimatland den Rücken. Desillusioniert. Gezwungen durch den Notstand des Bürgerkriegs.
Die UNO-Koordinatorin für humanitäre Hilfe, Valerie Amos, bezifferte kürzlich die Flüchtlingszahlen: 860'000. Die meisten Syrer fliehen in die Nachbarländer. 97 Prozent von ihnen kommen in der Türkei, Libanon, Irak und Jordanien unter.
Flüchtlinge arbeiten und mieten Wohnungen
Karl Schuler vom Schweizerischen Roten Kreuz ist kürzlich aus Jordanien zurück gekommen. Der Norden des Landes grenzt an den Süden Syriens. Über diese Grenze sind seit dem Ausbruch des Bürgerkriegs rund 350'000 Menschen geflohen. Eine grosse Zahl von Schicksalen. Eine Zahl, mit der Jordanien überfordert sei, sagt Schuler. Dabei versuche das Land alles, um den Flüchtlingsstrom zu bewältigen.
Der Arbeitsmarkt ist frei. Syrische Männer verdingen sich als Tagelöhner. Schuler sagt: «Nur wenige Flüchtlinge leben in einem Camp.» Die meisten von ihnen mieten Wohnungen in den Städten des Nordens oder in der Hauptstadt Amman. Einige finden auch in Schuppen Unterschlupf. Schuler: «Im Alltag merkt man den Unterschied zwischen den Jordaniern und den syrischen Flüchtlingen kaum.»
Widersprüchliche Stimmung
Jordanien hat Flüchtlinge immer willkommen geheissen. Das hat historische Gründe. Die Hälfte der Bevölkerung stammt von etwa 800'000 Palästinensern ab. Diese flohen nach dem Palästinakrieg und dem Sechstagekrieg nach Jordanien.
Doch es herrsche eine sehr widersprüchliche Stimmung in der Bevölkerung, sagt Schuler. Denn die scheinbar reibungslose Integration hat einen Preis. Einen Wohnungspreis. Die Mieten sind in den letzten Monaten in die Höhe geschossen. Das haben freilich auch die Jordanier bemerkt.
Die jordanische Regierung hat für die neuen Flüchtlinge ein zusätzliches Camp gebaut. Das Flüchtlingslager Halabat soll maximal 30'000 Menschen Platz bieten. Im Vergleich: Das grösste Camp, Zaatari, hat eine Kapazität von 60'000. Die Regierung will mittels Camps den jordanischen Wohnungsmarkt entlasten.