Nach einer teilweise chaotisch verlaufenen Parlamentswahl in Albanien haben sich die oppositionellen Sozialisten zum Sieger erklärt. Die vereinigten Linksparteien hätten rund 80 der 140 Sitze im Parlament gewonnen, behauptete ihr Spitzenpolitiker Ilir Meta am Abend in Tirana.
Erste Auszählergebnisse liessen allerdings bis Montag auf sich warten. Wählerbefragungen nach der Stimmabgabe kamen zu einander widersprechenden Prognosen.
Der Fernsehsender Ora News berichtete, die linke Koalition werde auf 52 bis 56 Prozent der Stimmen kommen. Demgegenüber schrieb die Organisation Civitas dem rechtskonservativen Regierungsbündnis mit 48 Prozent der Stimmen den Sieg zu.
Für Albanien steht viel auf dem Spiel
Zuvor war die Abstimmung, die von den USA und der EU als Demokratietest für das arme Balkanland bezeichnet worden war, teilweise aus dem Ruder gelaufen. In der Stadt Lac im Norden der Hauptstadt Tirana wurde ein sozialistischer Parteianhänger erschossen. Ein Regierungskandidat und ein zweiter Mann wurden verletzt.
In der südalbanischen Hafenstadt Vlora zerstörte eine Explosion das Auto des örtlichen sozialistischen Parteisekretärs.
«Bewaffnete Kriminelle und Banditen» bedrohten im Auftrag der Regierung die Wähler vor einigen Wahllokalen im Norden, behaupteten führende Sozialisten. Die überregionale und örtliche Polizei lasse sie gewähren, ohne einzuschreiten. Aus zahlreichen Landesteilen wurde von Schlägereien vor Wahllokalen berichtet.
Unabhängige Wahlbeobachter sprachen von massiven Unregelmässigkeiten: Wähler hätten ohne Personalausweise abstimmen dürfen. Einige Wahllokale öffneten mit stundenlanger Verspätung. Einzelne Wähler gaben für ganze Familien die Stimmen ab.
In einem Fall wurde die Abstimmung unterbrochen, weil es viel mehr Wähler als Stimmzettel gab. In einem anderen Fall konnte die Wahlurne die Wahlzettel nicht fassen.
Rund 3,3 Millionen Wahlberechtigten hatten zu entscheiden, ob der seit 2005 amtierende Regierungschef Sali Berisha (68) ein drittes Mandat bekommt.
Herausforderer sind die Vereinigten Linken unter Führung des früheren Hauptstadt Bürgermeisters Edi Rama (48). Faire Wahlen sind die Voraussetzung, dass das NATO-Mitglied näher an Brüssel rücken kann.