Die Korallenwand ist etwa zwanzig Meter hoch. Bedeckt von farbigen Weich- und Hartkorallen, Schwämmen. Ein Papageienfisch knabbert mit seinem harten Schnabel an einer abgestorbenen Steinkoralle. Hinter mir, kaum zu sehen im tiefen, endlosen Blau, dort wo das Riff aufhört und die Tiefe beginnt, kreisen – mit kraftvoller Eleganz – vier Haie. Sie beobachten, was wir tun.
Wir müssen nicht lange suchen. Mit einem langen Eisenhaken holt einer meiner zwei Begleiter einen grossen Seestern aus einer Spalte in der Wand. Der zweite Taucher packt das Tier in einen Sack. Nach knapp 40 Minuten unter Wasser haben wir 21 Dornenkronenseesterne im Beutel. Ein zweites Team hat 17 dieser Tiere eingesammelt. Wir haben gewonnen. «Doch eigentlich hätten wir lieber keinen gefunden», sagt Daniel Bolling, Meeresbiologe und hier auf der kleinen Insel mit dem schönen Namen «Barfuss» seit zwei Jahren täglich auf der Jagd. «Leider ist der Dornenkronenseestern für Korallen ein schädliches Raubtier.»
Unappetitliche Essgewohnheiten
Der Stern sieht tatsächlich wie eine Dornenkrone aus. Manchmal grösser als eine Bratpfanne, mit vielen Armen und giftigen Stacheln. Die Essgewohnheiten dieses Monsters sind widerlich. Der Stern stülpt sich über eine Steinkoralle und giesst dann seinen Mageninhalt darauf. Verdauungssäfte töten die Koralle, lösen sie auf. Diese Masse saugt der Stern dann auf.
Bis zu einen Quadratmeter Korallen kann ein Tier pro Tag auf diese Weise fressen, «zerstören», sagt Daniel Bolling. Das sei im Normalfall nicht schlimm. Diese Seesterne gehörten zum Ökosystem im Riff. Doch in den letzten Jahren haben sie sich zu einer Plage entwickelt. Millionen überfallen Riffe, fressen sie kahl.
«Das ist besonders schlecht für Orte, die wegen des Tourismus auf Riffe angewiesen sind», sagt Bolling. Vor allem auf den Yasawa-Inseln ist Tourismus für bis zu 90 Prozent des Einkommens der lokalen Bewohner verantwortlich. Andere Formen von Einkommen gibt es hier kaum. 17 Prozent des Bruttoinlandprodukts erwirtschaftet Fidschi mit Tourismus. 40'000 Menschen sind in dieser Industrie beschäftigt.
Grosse Fische, die normalerweise diese Sterne fressen, gibt es immer weniger.
Fidschi ist nicht alleine mit dem Seestern-Problem. Das Barrier Riff in Australien, wo Bolling früher gearbeitet hatte, ist ebenfalls stark befallen. Wieso diese Plage?
«Die Wissenschaft kann die Gründe noch nicht mit Bestimmtheit nennen, es gibt aber viele Theorien», sagt Bolling. Die meisten Forscher glaubten, dass die Erwärmung der Meere als Folge des globalen Klimawandels eine wesentliche Rolle spielt. Auch Überfischung sei ein Grund, weshalb sich die Tiere so stark vermehren. «Grosse Fische, die normalerweise diese Sterne fressen, gibt es immer weniger.»
Touristen bezahlen für Sterne-Jagd
Viel mehr tun, als so viele dieser Korallenfresser wie möglich einzusammeln, könne man nicht, sagt Bolling.
An einem windigen Ort der Insel ist Endstation für diese vielbeinigen Vielfresser. Hier werden sie vermessen, katalogisiert und danach im Sand vergraben. Von jungen Touristinnen und Touristen aus aller Welt. Die können hier als Stern-Jäger arbeiten. Und sie bezahlen erst noch für das Privileg. Das Geld fliesst in die lokale Gemeinde, in Schulen, in die Krankenversorgung. «So sind die Seesterne wenigstens für etwas gut», sagt Daniel Bolling. Denn nicht mal essen könne man sie.