SRF News: Auch Ihr Hilfswerk ist in Nepal aktiv. Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen den Hilfswerken vor Ort?
Felix Gnehm: Sie funktioniert gut. Wir haben uns hier eingefügt und investieren tatsächlich einiges in die Koordination. Allerdings müssen Sie keine Bedenken haben, dass mit den Spendengeldern nur Koordinationsmeetings abgehalten werden.
Die chaotischen Umstände, etwa am Flughafen in Kathmandu, erschwerten das Verteilen der Hilfsgüter. Dabei hatte man irgendwie auch den Eindruck, dass zu viele Hilfswerke beteiligt waren und das eher hinderlich war, um effektiv zu arbeiten...
Es ist richtig, dass sehr viele Organisationen bereits vor dem Erdbeben in Nepal tätig waren. Da spielt das Zusammenspiel der Kräfte natürlich eine Rolle. Zumal es noch nicht genug Hilfe gibt und viele Dörfer noch nicht erreicht wurden. Das muss aber in Absprache und koordiniert geschehen – was wir und auch andere Schweizer Organisationen sehr gut machen. Man hat viel gelernt und macht keine Alleingänge.
Sie müssen keine Bedenken haben, dass mit den Spendengeldern nur Koordinationsmeetings abgehalten werden.
Gibt es eine klare Aufgabenteilung unter den Schweizer Hilfswerken in Nepal?
Zunächst ist da die grössere Koordination mit der UNO und der nepalesischen Regierung – etwa, dass man sich geographisch aufteilt und auf verschiedene Distrikte zuteilt. Das klappt soweit gut. Die Schweizer Hilfswerke selber treffen sich regelmässig in thematischen, sogenannten «Clusters» (zu Deutsch: «Verbünde»). Hier wird besprochen, mit welchen Ansätzen und in welchen Gebieten man arbeitet. Diese Treffen dienen dem engen Austausch vor Ort.
Frisst die Koordination zwischen den Hilfswerken nicht zu viele Hilfsgelder auf?
Es ist nur ein kleiner Teil. Mit modernen Kommunikationsmitteln und dem Kartenmaterial kann man sich heute sehr gut austauschen. Wenn man das nicht tut, läuft man tatsächlich Gefahr, dass es Doppelspurigkeiten gibt oder man sich sogar auf den Füssen herumsteht. Viel braucht es nicht, um das zu vermeiden. Es ist jeweils ein Mitarbeiter, der einen Teil seines Tages mit diesen Koordinationsaufgaben verbringt.
Aktuell geht es um Nothilfe – wie geht es aber weiter, was ist die langfristige Planung für Nepal?
Ganz wichtig ist: Es wird einen langen Atem brauchen. Es wäre nicht sinnvoll, wenn man das Geld jetzt so schnell wie möglich ausgeben will, um einfach nur rasch Hilfe zu leisten. Das Land muss wieder aufgebaut werden. 90‘000 Häuser sind zerstört worden. Die erste Nothilfephase wird direkt in den lokal verankerten Wiederaufbau übergehen, in die Wasserversorgung, die Gesundheitssysteme, die Schulen – dazu wird es Jahre brauchen. Wir und auch andere Schweizer Organisationen achten sehr stark darauf, dass das gut aufgegleist wird.
Aber eine solche langfristige Aufbauhilfe ist vom Geld abhängig. Wie soll diese finanziert werden?
Einerseits eilt die internationale Gemeinschaft tat- und finanzkräftig zu Hilfe. Es fehlt aber noch sehr viel Geld, auch damit sich Nepal für künftige Katastrophen rüsten kann. Andererseits spielt die private Hilfe eine sehr grosse Rolle. Deswegen ist dieser Sammeltag wunderbar: Man kann und soll Solidarität zeigen. Wir bürgen dafür, dass das Geld ankommt.
Das Gespräch führte Mirjam Knecht.