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Porträtfoto von Michael Bociurkiw
Legende: Sprecher der OSZE-Mission in der Ukraine, Michael Bociurkiw: «Laut Hinweisen geht es unseren Mitarbeitern gut.» SRF

International «Wir ziehen alle möglichen Register»

Von den letzte Woche in Donezk und Luhansk entführten OSZE-Beobachtern fehlt bisher jede Spur. Unter den Vermissten ist auch ein Schweizer. An ihrer Freilassung wird derweil mit Hochdruck gearbeitet. SRF News Online hat mit Michael Bociurkiw von der OSZE-Beobachtermission gesprochen.

Die Ostukraine ist gefährlich. Besonders in den Regionen um Donezk und Luhansk ist es auch für internationale Beobachter riskant: In der vergangenen Woche wurden zwei Teams von OSZE-Mitarbeitern entführt. Bei der einen Gruppe handelt es sich um vier Beobachter, darunter ein Schweizer.

Wo befinden sie sich?

Zur Person

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Michael Bociurkiw, Kanadier mit ukrainischen Wurzeln, ist der Sprecher für die Ukraine-Beobachtermission der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa). Die OSZE hat im Rahmen ihrer Spezialmission rund 300 Beobachter in der Ukraine stationiert.

OSZE-Sprecher Michael Bociurkiw: Wir wissen leider nichts über ihren Aufenthaltsort. Die eine Gruppe ist seit über einer Woche verschwunden und wir tun derzeit alles, um weitere Informationen zu erhalten.

Es besteht gar kein direkter oder indirekter Kontakt mit den vermissten OSZE-Beobachtern?

Nein. Aber wir ziehen alle möglichen Register, die uns zur Verfügung stehen. Seit dem Verschwinden der Teams sind wir mit verschiedenen Behörden, diplomatischen Stellen sowie mit diversen zivilen Personen in Kontakt. Unser Netzwerk, mit dem wir arbeiten, ist ziemlich gross. Positiv ist, dass wir laufend Hinweise erhalten – wir hoffen nun auf wirklich hilfreiche Informationen. Wir haben bereits mehrere Aufrufe in verschiedenen Sprachen gemacht, damit sich die Entführer an uns wenden können.

Und das haben diese bisher nicht?

Nein, wir haben bisher gar nichts von möglichen Entführern gehört, es wurden auch keine Forderungen gestellt. Das ist recht unüblich, dass man so lange – also über eine Woche – nichts hört. Wir können über die Ziele der Entführer nur spekulieren. Die erste vermisste Gruppe unserer Mitarbeiter, unter denen sich auch der Schweizer befindet, wurde an einem Checkpoint bei Donezk angehalten. Der letzte Kontakt geschah nahe der russischen Grenze, seither haben wir nichts mehr vom Team gehört. Wir haben keine Kenntnis des Aufenthaltorts, aber laut Hinweisen geht es unseren Mitarbeitern gut.

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Wer könnten die Entführer sein?

Es ist schwierig, die Entführer zu identifizieren. Es gibt vor Ort so viele kleinere Gruppierungen, die nicht alle das gleiche Gedankengut an den Tag legen. Manche Gruppen arbeiten lokal, andere unterstehen höheren Stellen. Die Situation ist sehr komplex.

Es sind mehrere hundert OSZE-Beobachter in der Ukraine stationiert. Was wird generell für ihre Sicherheit getan?

Die Leute, die für uns arbeiten, werden erstens sehr sorgfältig ausgesucht. Zweitens sind die Beobachter alle sehr erfahren und haben bereits für andere Missionen gearbeitet, sie kennen sich also mit der Materie aus. Die meisten sprechen auch fliessend Russisch. Wir führen auch ständige Sicherheitsabklärungen durch. Vor Ort haben wir ein breites Netzwerk an Quellen aus Zivilisten und Journalisten, das uns jeden Tag Informationen über die Lage gibt.

Stellen solche Entführungen die OSZE-Mission in der Ukraine in Frage?

Nein. Das denke ich nicht. Wir bleiben in der Region. Aber wir werden wachsamer sein müssen. Wenn es die Situation erfordert, müssen unsere Beobachter drinnen bleiben und ihre Arbeit pausieren. In Luhansk beispielsweise fanden in den letzten Tagen ziemlich heftige Gefechte statt. Da bleiben unsere Mitarbeiter in den Häusern. In jedem Fall steht die Sicherheit unserer Beobachter an erster Stelle.

Interview: Marguerite Meyer

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