Die Ministerin für Gleichberechtigung, Najat Vallaud Belkacem, setzt sich mit Vehemenz für die Bestrafung der Freier ein. Nur so könne der Prostitution einen Riegel geschoben werden, sagt sie.
«Prostitution ist nie ein Lebensprojekt, sie ist ein Zwang. Das kann physischer Zwang sein, wenn jemand unter der Gewalt eines Zuhälters leidet, oder wirtschaftlicher Zwang, wenn jemand keine andere Möglichkeit sieht, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten und für seine Kinder zu sorgen», so die Ministerin. 90 Prozent der Prostituierten seien Ausländerinnen, die sich nicht wehren könnten.
Gegner fühlen sich ausgegrenzt
Das Anliegen wird von der sozialistischen Basis seit Jahren diskutiert und sorgt immer wieder für rote Köpfe. Die Gegner des Verbots beklagen, sie würden ausgegrenzt, ihre Argumente nicht ernst genommen. Die Meinungen sind quer durch alle Parteien und Lager geteilt.
Auch Feministinnen sind sich nicht einig. Die bekannte Philosophin und Frauenrechtlerin Elisabeth Badinter ist gegen ein Verbot des Kaufs von Sex. Es bedeute einen Rückschritt im Kampf um die Rechte der Frau, meint sie in einem Fernsehinterview. Es stelle nämlich das Recht der Frau in Frage, frei über ihren Körper zu verfügen.
Marisol Touraine, Ministerin für Soziales und Gesundheit, widerspricht ihr: «Feminismus bedeutet nicht, dass wir akzeptieren müssen, dass eine grosse Mehrheit von Prostituierten unter Gewalt leidet und ausgebeutet wird, damit eine kleine Minderheit von Frauen über ihren Körper verfügen kann.»
Intellektuelle gegen das Verbot
Die Gegner des Verbots bestreiten, dass 90 Prozent der Prostituierten unter Zwang handelten. Intellektuelle und renommierte Künstler stellen den Sinn der Bestrafung von Freiern in Frage. So unterschrieben die Schauspielerin Catherine Deneuve, der Sänger Charles Aznavour oder der frühere Kulturminister Jack Lang eine entsprechende Petition.
Viele glauben man könne den Prostituierten durch eine Bestrafung der Freier nicht helfen. Sexarbeiterinnen würden dadurch erst Recht in die Hinterzimmer des Rotlichtmilieus gedrängt und ihren Zuhältern ausgeliefert, sagt etwa die Philosophin Elisabeth Badinter. «Jedes Verbot, jede Prohibition führt notwendigerweise zu einem parallelen Markt, der extrem gefährlich ist und der von der Mafia kontrolliert wird.»
Frankreich gilt in sexuellen Fragen als liberal, bisweilen gar als frivol. Das Moulin Rouge ist ein weltbekanntes Wahrzeichen von Paris. Und doch ist die engagierte Debatte über die Prostitution nur scheinbar ein Widerspruch dazu. Denn auch der Reflex, der spielt, ist urfranzösisch: Wenn Frauen ausgebeutet werden, wenn es ein Problem gibt, dann soll der Staat eingreifen.