Zum Inhalt springen

International Yingluck: «Diese Verfassung geht nicht von den Menschen aus»

Yingluck Shinawatra galt als die starke Frau Thailands, bis sie 2014 durch einen Militärputsch aus dem Amt gedrängt wurde. Lange durfte sich die ehemalige Premierministerin nicht zu Wort melden. Nun tut sie es wieder – und zeigt sich äusserst besorgt über die Lage ihres Landes.

Knapp drei Jahre war Yingluck Shinawatra als erste Frau Ministerpräsidentin von Thailand, im Mai 2014 wurde sie schliesslich durch einen Militärputsch gestürzt. Seither regiert die Armee über die 76 Millionen Bürger des Landes.

Yingluck selbst wurde für fünf Jahre von der Politik ausgeschlossen. Zudem muss sie sich wegen angeblicher Verletzung ihrer Amtspflichten vor Gericht verantworten. Konkret geht es um ein hoch defizitäres System zur Subventionierung des Reisanbaus. Der nächste Gerichtstermin ist am 5. August. Bei einer Verurteilung droht ihr eine jahrelange Haft.

Vor der Schicksalsabstimmung

Doch die ehemalige Spitzenpolitikerin will nicht einfach in Thailands Geschichte verschwinden. Seit kurzem meldet sie sich wieder vermehrt öffentlich – auch wenn sie ihre Aussagen noch immer vorsichtig abwägen muss. Sie habe sich eine Zeit lang ruhig verhalten, um dem Land eine Chance zu geben, sich zu entwickeln, sagt Yingluck im Gespräch mit SRF-Südostasien-Korrespondentin Barbara Lüthi.

«Jetzt komme ich zurück, und die Leute nehmen mich erneut wahr; aber ich verfolge keine bestimmte Strategie.» Die Situation in Thailand bereite ihr Sorgen. Sie beobachte die Lage genau, sagt Yingluck.

Ihr Blick ist natürlich in erster Linie auf den 7. August gerichtet: Dann stimmt Thailand über eine neue Verfassung ab, die das Militär vorgelegt hat. Diese sieht unter anderem einen eingesetzten Senat vor und möglicherweise gar einen eingesetzten Premierminister.

«Trittt diese Verfassung in Kraft, haben wir Politiker in der Regierung, die nicht vom Volk gewählt sind», kritisiert Yingluck. «Dabei sollte eine Verfassung doch immer von den Menschen ausgehen.» Mit einer undemokratischen Staatsordnung werde sich das Land rückwärts entwickeln und von der internationalen Gemeinschaft nicht akzeptiert werden.

Der Weg zur Demokratie ist noch weit

Tatsächlich hatten die Generäle bei ihrer Machtübernahme versprochen, sie würden Thailand in eine Demokratie überführen. Doch die angekündigten Wahlen wurden verschoben und sollen nun Mitte 2017 stattfinden. Sie hoffe, dass sich die Regierung daran halten werde, sagt Yingluck im Gespräch. Schliesslich habe das Militär erklärt, dass der Putsch den Weg zur Aussöhnung ebnen und zur Gleichheit aller Bürger führen soll. Allerdings:

Ich habe noch immer keine Anstrengungen gesehen, die in Richtung Aussöhnung und Vereinigung gehen.
Autor: Yingluck Shinawatra Ex-Premierministerin Thailands

Und wie sieht die ehemals starke Frau Thailands ihre eigene Zukunft? Plant sie gar ein Comeback? Noch sei es zu früh, das zu diskutieren, sagt Yingluck am Ende des Interviews. Sie hat aber offenbar nicht vor das Land zu verlassen wie ihr Bruder Thaksin Shinawatra, der im Exil lebt. «Ich bin jetzt hier und werde versuchen, den Gerichtsprozess auszusitzen bis zum Schluss.»

Meistgelesene Artikel