Die Abstimmung heute ging glatt durch. Aber zuvor mussten sich die Chefs höchstpersönlich der Sache annehmen. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz und EZB-Präsident Mario Draghi haben im letzten Augenblick einen Kompromiss ausgehandelt, der dem Parlament weitreichende Kontrollrechte zusichert.
Es ist üblich, dass Bankenüberwacher gegenüber einer Regierung und einem Parlament rechenschaftspflichtig sind. Auch die Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma muss der zuständigen Parlamentskommission Red und Antwort stehen.
Keine Sitzungsprotokolle fürs Parlament
Doch die EU-Parlamentarier wollten viel mehr: nämlich Einsicht in die Sitzungsprotokolle der Bankenüberwacher bei der Europäischen Zentralbank. Die wehrte sich, sah ihre Unabhängigkeit in Gefahr und fürchtete, dass über den Umweg des Parlamentes brisante vertrauliche Informationen über den Zustand von Banken an die Öffentlichkeit gelangen könnten.
Die europäischen Bankenüberwacher müssen nun dem Parlament zwar nicht die Protokolle, aber umfassende, aussagekräftige Aufzeichnungen ihrer Sitzungen zustellen. Auch hat der zuständige Ausschuss des EU-Parlaments ein Vetorecht bei der Besetzung der höchsten Bankenüberwacher.
Keine Rettungsmanöver mehr
Die Europäische Zentralbank ist dem EU-Parlament also stark entgegengekommen. Dafür kann sie sich jetzt endlich eine Überwachungsabteilung aufbauen, die bis in einem Jahr ihre Tätigkeit aufnehmen soll. Wenn eine Bank dann in Schieflage gerät, kann sie nicht mehr darauf hoffen, dass die nationalen Überwacher ein Auge zudrücken – im Wissen, dass ein allfälliger Kollaps ganz Europa treffen würde und darum mit grosser Wahrscheinlichkeit auch von ganz Europa irgendwie aufgefangen würde.
Die neue zentrale Bankenüberwachung ist ein wichtiges Element einer krisensichereren Finanzarchitektur. Zur geplanten Bankunion gehören aber noch zwei weitere Elemente.
Kundengelder sichern
Auch der Entscheid, eine Bank im Notfall zu zerschlagen oder zu schliessen soll in Zukunft von einer gemeinsamen Stelle gefällt werden und nicht mehr von einer nationalen. Und es soll ein gemeinsamer Topf geäufnet werden zur Sicherung der Kundengelder bis 100'000 Euro.
Gegen diese Elemente gibt es grossen Widerstand. Insbesondere die deutsche Regierung behindert diese Vorhaben derzeit, aus Sorge, dass deutsche Steuerzahler oder Banken so zur Kasse gebeten werden könnten für Bankenpleiten anderswo in Europa.
In Brüssel hofft man dennoch, dass die Bankunion sich noch durchpeitschen lässt vor der Neuwahl des EU-Parlamentes und der EU-Kommission nächstes Jahr. Der lange Poker mit dem EU-Parlament nur schon um die gemeinsame Überwachung weckt da Zweifel. Zwar haben die Abgeordneten bewiesen, dass sie ein finanziell stabileres Europa wollen. Sie wollen es aber nur, wenn es auch demokratisch besser legitimiert ist. Der Weg hin zu einer umfassenden Bankunion wird dadurch noch schwieriger.