Nach der Explosion eines Chemielagers in der chinesischen Hafenstadt Tianjin sind im Wasser der Umgebung dramatisch hohe Mengen Zyanide gefunden worden.
An einem Regenwasserrohr wurde eine Konzentration der hochgiftigen Blausäureverbindungen gemessen, welche die erlaubte Menge – je nach Agentur-Quelle – um das 277- bis 356-fache übersteigt. Ein Befund der örtlichen Umweltbehörde, der im krassen Widerspruch zu bisherigen offiziellen Verlautbarungen steht.
Am Dienstag hatte die Gesundheitsbehörde der Stadt noch mitgeteilt, dass das Trinkwasser in Tianjin den nationalen Standards entspreche und unbedenklich sei.
Politiker lamentieren und fordern
Wie diese Einschätzung zustande kam, ist angesichts der Unmengen an explodierten Giftfässern schleierhaft. Die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua meldete unter Berufung auf die Regierung Tianjins, in dem ausgebrannten Lager am Hafen hätten 2500 Tonnen 40 verschiedener gefährlicher Chemikalien gelagert: 1300 Tonnen explosive Materialien, 500 Tonnen brennbare Stoffe und 700 Tonnen giftige.
Das oberste Gremium der regierenden Kommunistischen Partei forderte derweil auf einer eilends einberufenen Sondersitzung, alle Regierungs- und Verwaltungsebenen müssten die Sicherheitsbestimmungen in der Industrie durchsetzen und auf deren Einhaltung dringen.
Bei der Explosion und dem Grossbrand in der vergangenen Woche kamen 114 Menschen ums Leben. Hunderte wurden verletzt, Tausende mussten ihre Wohnungen verlassen.
Künftig sollen solche Stoffe nicht mehr in der Nähe von Wohngebieten aufbewahrt werden. Die Chemieanlagen aus dem Hafen von Tianjin sollen in ein 25 Kilometer entferntes Industriegelände umziehen.
Behörde will nicht alle Anwohner entschädigen
Wie viel die Zurückbleibenden haben werden, hängt davon ab, wie sie die Stadt entschädigen wird. Laut Behörde soll nämlich nur einem Teil der Anwohner finanziell geholfen werden.
Die Stadtregierung will Wohnungen zurückkaufen, die bei dem Unglück beschädigt wurden, wie Staatsmedien berichteten. Es ist allerdings noch unklar, für wen dieses Angebot gelten soll. Insgesamt sind 17'000 Wohnungen betroffen. Umgerechnet auf die Stadt Zürich wären das nahezu zehn Prozent des gesamten Wohnraumbestands.
Zunächst sollen Experten die betroffenen Wohnungen begutachten. «Wenn die Arbeit getan ist, wird entschieden, welche Häuser abgerissen, neu gebaut oder zurückgekauft werden», sagte Tianjins stellvertretender Bürgermeister Zong Guoying.
Ob man den Bewohnern, deren Häuser abgerissen werden, neue baut, ist nicht bekannt.
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Bild 1 von 8. Das ganze Ausmass der Katastrophe und der Schäden wurde erst im Morgengrauen sichtbar. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 8. Hunderte Verletzte und mindestens 50 Tote wurden von den Rettungskräften geborgen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 8. Kurze Pause nach gefährlicher Mission. Hunderte Feuerwehrleute waren im Einsatz. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 8. Verkohlte Autowracks und eingedrückte Gebäude: Die Detonation zerstörte Industrieanlagen der Hafenstadt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 8. Die Wucht der Detonation zerstörte auch Gebäude und Fahrzeuge im Umkreis von hunderten Metern. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 8. Wie Geschosse waren Glasscherben durch das Explosionsgebiet geflogen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 8. Flammenmeer im Industriequartier von Tianjin. Die Explosionen wurden sogar vom Erdbebenzentrum registriert. Bildquelle: Reuters.
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Bild 8 von 8. Zerstörte Strassenschilder, verlassene Autos auf Schnellstrassen. Die Katastrophe ist überall sichtbar. Bildquelle: Keystone.