Israel hat seine Drohung wahrgemacht, seine Militäroffensive auf Gaza zu intensivieren, sollte es während US-Präsident Donald Trumps Besuch in den Golfstaaten keine Einigung für einen neuen Waffenstillstand geben.
Noch ist nicht klar, wie umfangreich die sogenannte «Operation Gideons Wagen» sein wird. Klar ist aber, dass der Blutzoll unter der Bevölkerung unerträglich hoch ist.
Hunderte Menschen sind seit Mitte vergangener Woche durch israelische Angriffe bereits getötet worden. Die UNO warnt eindringlich vor einer weiteren Verschlimmerung der katastrophalen humanitären Lage.
Keine politischen Einflussmöglichkeiten
Es sind oft gehörte, abstrakt klingende Worte, aber: Wenn innert weniger Tagen Hunderte Tote gemeldet werden, sind das nicht einfach Zahlen. Es sind Töchter, Söhne, Cousinen, Mütter, Väter, Onkel, Grossmütter.
Die Menschen, die hungern, in Zelten leben, in nur halbwegs funktionierenden Spitälern ohne Narkose, Schmerz- und Desinfektionsmittel Amputationen über sich ergehen lassen müssen: Es sind Studentinnen, Schüler, Zahnärztinnen, Buchhalter, Kosmetikerinnen, Professoren, Ladenbesitzerinnen, Kleinkinder. Seit 19 Monaten leben die gut zwei Millionen Einwohnerinnen und Einwohner Gazas nicht – sie versuchen, zu überleben.
Politische Einflussmöglichkeiten haben sie so gut wie keine. Die Hamas regiert, sofern sie dazu noch in der Lage ist, mit Repression und ohne Rücksicht auf das Wohlergehen der Menschen. Diese sind den Bombardements und Angriffen der israelischen Armee schutzlos ausgeliefert.
«Konzentration» der Bevölkerung
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hat Anfang Monat mitgeteilt, Ziel der neuen Offensive sei es, weite Teile Gazas dauerhaft zu besetzen. Die Bevölkerung Gazas soll in immer kleinere Territorien gedrängt werden – der Finanzminister verwendet dafür das Wort «konzentrieren». Der UNO-Menschenrechtskommissar Volker Türk und der ehemalige israelische Verteidigungsminister Moshe Ya’alon nennen es «ethnische Säuberung».
Die Befreiung der israelischen Geiseln als Kriegsziel ist auf der Prioritätenliste der israelischen Armee auf die unterste Position gerückt. Das hat ein israelischer Journalist unlängst enthüllt.
Für etwa zwei Drittel der israelischen Bevölkerung hingegen ist die Heimkehr der Geiseln der wichtigste Grund, jetzt noch Krieg in Gaza zu führen. In den Augen zahlreicher Israeli hat der Krieg seine Legitimität verloren. In den Augen einiger westlicher Verbündeten Israels ebenfalls.