- Die Unterhändler von Union, FDP und Grünen sind am Donnerstag zu getrennten Beratungen zusammengekommen.
- Die grosse Verhandlungsrunde dürfte bis tief in die Nacht dauern.
- Die Positionen von CDU/CSU, der FDP und den Grünen beim Klimaschutz, dem Familiennachzug von Flüchtlingen und bei den Finanzen liegen aber weit auseinander.
Angela Merkel, geschäftsführende Bundeskanzlerin, ging mit vorsichtigem Optimismus in die entscheidende Runde der Sondierungen über eine Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grünen. Es gebe zwar noch «gravierende Unterschiede» zwischen den Parteien, eine Einigung sei aber möglich. «Ich glaube, es kann gelingen», sagte die CDU-Vorsitzende in Berlin.
Zuletzt hatten sich die vier Parteien in wichtigen Themenfeldern wie Klima, Verkehr und Migration festgebissen. Merkel forderte alle Beteiligten auf, jetzt die entscheidenden Kompromisse zu machen.
Weiterhin wichtige Differenzen
Die Verhandlungsgruppen gingen am Donnerstagabend mit einem 61 Seiten starken Entwurf für eine Einigung in die Gespräche.
Für SRF-Korrespondent Peter Voegeli gibt es trotzdem zwei Indizien dafür, dass es in der Nacht zu einem Durchbruch bei den Koalitionsverhandlungen kommt:
«Eines ist das 61-seitige Papier aus den Verhandlungen, wenn auch noch mit vielen Dissensen. Und das andere Indiz ist, dass Angela Merkel diese Koalition will, denn eine Alternative wäre für sie sehr ungünstig. Diese beiden Punkte sprechen also stark für eine Einigung.»
Notwendig wäre ein Markenzeichen für «Jamaika», also etwas Neues für Deutschland, meint Voegeli: «Wenn ich etwa an ein Einwanderungsgesetz denke: das wollen alle. Das würde regeln, wer unter welchen Bedingungen zuwandern kann oder legt fest, was ein Flüchtling ist oder wer Asyl beantragen kann.»
Aber die Realität der letzten vier Wochen sei ganz anders gewesen. Die Verhandlungen waren kein Projekt, kein Markenzeichen: «Das war ein Murks». Für Voegeli belegen das auch die ersten zwei Sätze in diesem 61-seitigen Papier, da heisse es nämlich: Wir machen diese Koalition, weil uns die Wahl dazu gezwungen hat. Und wir machen das, aus Verantwortung für dieses Land und die Menschen.
Grosse Differenzen ...
Streit gibt es neben den Punkten Familiennachzug und Kohleverstromung auch zur Verkehrs- und Finanzpolitik. Auch künftige Auslandseinsätze der Bundeswehr gehören zu den Streitpunkten.
Schwierig sind die Verhandlungen auch, weil die Wünsche der vier potenziellen Partner deutlich mehr kosten als Geld in der Kasse ist. Die Unterhändler von CDU, CSU, FDP und Grünen gehen von einem Finanzspielraum für die kommenden vier Jahre von 35 bis 40 Milliarden Euro aus. Auch von 45 Milliarden Euro ist die Rede. Die FDP beharrt auf der Abschaffung des Solidaritätszuschlages in dieser Wahlperiode. Damit würden dem Bund gut 20 Milliarden Euro an Steuereinnahmen wegbrechen.
... aber auch Annäherungen
Allerdings soll beim Solidaritätszuschlag ein Kompromiss näher rücken. Das geht aus den Verhandlungsunterlagen hervor, die verschiedenen deutschen Medien vorlagen. Konkret heisst es darin: «Der Solidaritätszuschlag wird schrittweise abgebaut.» Allerdings sind die vorgesehenen drei Etappen zwischen Union, FDP und Grünen weiter umstritten.
Vorangekommen sind die Unterhändler bei den Themen Verbraucherschutz und bessere Ernährung. Die Grünen wollen auf ihre bisherige Forderung nach einer höheren Dieselsteuer verzichten, fordern aber von den anderen Parteien Gegenleistungen.