Der rechtsextreme Front National unter Marine Le Pen stösst auf besonders viel Interesse unter den 18- bis 25-Jährigen. Ausgesprochen viel Zulauf erfährt er in den ehemaligen Industriegebieten im Nordosten Frankreichs, wo das Ende der Kohlebergwerke Arbeitslose und Armut hinterlässt. Kévin Pfeffer ist dort engagierter Jungpolitiker des FN. Wie ganz viele hatte auch er früher die Linke gewählt.
SRF News: Wieso engagieren Sie sich in der Politik?
Kévin Pfeffer: Ich habe mich schon sehr jung für Politik interessiert. Aber so richtig angefangen hat es mit der Präsidentenwahl 2007, ich war damals 17. Das Programm von Ségolène Royal (Sozialisten) hat mich total überzeugt, denn sie versprach viel für die Jugendlichen zu tun. Wir hatten auch zu Hause sehr lebhafte politische Diskussionen, ohne, dass wir uns immer einig waren.
Und wie kam es zu Ihrem Wechsel von den Sozialisten zum Front National (FN)?
Meine Mutter war schon lange Anhängerin des FN. Sie hatte mich 2012 überredet, Marine Le Pen in Strassburg anhören zu gehen. Ich wollte dort gar nicht hin, denn ich hatte sehr viele Vorurteile. Ich hielt, wie viele, die Partei für total rassistisch, sie war damals noch eigentlich ein grosses Tabu. Aber dann hat mich Marine Le Pen mit ihrer Rede total überzeugt. Sie ist viel breiter aufgestellt, als ihr Vater Jean-Marie. Unter ihm wäre ich nie zum FN.
Was hat Sie denn so überzeugt?
Was mich inhaltlich angezogen hat, war ganz klar die Haltung gegenüber der Europäischen Union. Ich war immer schon schockiert über dieses System der Europäischen Kommission, die einfach über eine Gruppe von Ländern entscheidet, ohne, dass die Leute dort überhaupt gewählt sind. Frankreich hat seine Souveränität verloren. Mein grösster Wunsch wäre, dass Frankreich seine alte Grösse zurück bekommt und seine Macht, selber Entscheidungen zu treffen. Und dann habe ich grundsätzlich Mühe mit Ungerechtigkeiten. Wenn zum Beispiel die Polizei jemanden festnimmt und ihn am nächsten Tag wieder laufen lässt. Und ungerecht ist auch, wenn illegale Immigranten hier unterstützt werden und hier geborene Franzosen leben in grösster Armut. Das ist ein heikles Thema, ich weiss.
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Und Sie sind überall einverstanden, auch die Todesstrafe finden Sie gut?
Also bei dem Thema zögere ich persönlich. Aber der FN ist nicht eindeutig für die Todesstrafe. Marine Le Pen will ein Referendum abhalten mit der Wahl zwischen Todesstrafe und lebenslanger Haft. Aber wirklich lebenslang.
Was macht den FN denn so attraktiv gerade für die Jugendlichen?
Zuallererst einmal ist es sehr viel einfacher geworden, für diese Partei zu sein, weil sie so grossen Erfolg hat. Hier in Forbach wählt jeder zweite den FN. Man hat auch wirklich alles schon probiert, rechts, links, ohne Erfolg. Dann hat die Partei eine sehr moderne Kommunikation auf sämtlichen sozialen Medien. Marine Le Pen postet ganz viele Videos und hat über eine Million Follower auf Facebook. Und dann gibt es keine andere Partei, die den Jugendlichen so viele Möglichkeiten bietet, mitzumachen, so leicht Karriere zu machen. Schauen Sie mich an: Nach drei Jahren Engagement bin ich bereits ein «élu» (Gewählter). Denn wir sind am Wachsen und brauchen Personal, während die anderen Parteien im Niedergang sind.
Das Gespräch führte Simone Fatzer