Im Stadtzentrum, am Rand des grossen Kreisels mit goldenen Löwenstatuen, warten Tuk-Tuk-Fahrer auf Kundschaft. Vor der Pandemie habe man hier viel Geld verdient, sagt einer dieser Fahrer. Chinesische Kundinnen und Kunden hätten gut bezahlt. Jetzt züchtet der Tuk-Tuk-Fahrer nebenbei Kampfhähne, die er mit etwas Gewinn weiterverkaufen will.
Der Casino-Boom hielt nur wenige Jahre. Inzwischen haben viele wieder geschlossen oder wurden gar nicht erst in Betrieb genommen. Ein Casino unweit des Kreisels hat geöffnet. Nur die erste Etage sei in Betrieb, erklärt ein Angestellter. Besucherinnen und Besucher sind keine da, die bunten und lauten Automaten blinken einsam vor sich hin.
Schulden statt Casinos
Der Niedergang der Glücksspielindustrie habe sich auch auf den Immobilienmarkt der Stadt ausgewirkt, weiss Immobilien-Broker Heng Makara. Kambodschanische Unternehmer, die für den Bau der Immobilien viel Geld aufgenommen hätten, blieben nach dem Wegbleiben der Chinesen auf ihren Schulden sitzen.
Verantwortlich für das Ende des Casino-Booms ist nicht nur die Covid-Pandemie. Rund ein halbes Jahr zuvor verboten die kambodschanischen Behörden nämlich das Online-Gambling. Mit dem kaum kontrollierten Glücksspiel war auch das organisierte Verbrechen in die Stadt gekommen. International für Schlagzeilen sorgten sogenannte «Cyber-Sklaven» – ein Grossteil von ihnen Chinesinnen und Chinesen, die unter falschen Versprechungen nach Kambodscha gelockt und hier zum Onlinebetrug an ihren Landsleuten gezwungen wurden.
«Nicht alle wurden betrogen, einige taten dies auch freiwillig», meint ein chinesischer Geschäftsmann, der einen Lieferservice für Trinkwasser betreibt. Seinen Namen möchte er nicht nennen, er gehört zur Minderheit der Chinesen, die nach der Pandemie nach Kambodscha zurückgekehrt ist. Die Zeit des Casino-Booms scheint er nicht zu vermissen. Gefährlich sei es damals gewesen, nachts habe er sich nicht allein auf die Strasse getraut.
Kinder müssen um Essen betteln
Ein kleines Mädchen spielt auf dem kahlen Betonboden, in den Händen hält sie ein Holzbrett mit rostigen Nägeln. Sie lebt mit ihrer Schwester und den Eltern im Parterre eines Rohbaus. Ohne Fenster, Türen oder Wände.
«Wir haben im Strassenbau gearbeitet», erklärt die Mutter. Von einem Tag auf den anderen habe sich der zuständige Manager davongemacht. Der Familie fehlt es jetzt an Geld für Lebensmittel. Sie suchten auf Märkten nach weggeworfenen Nahrungsmitteln, sagt die Mutter. Nachts schicke sie auch die Kinder los, um nach Essen zu betteln.
Ob die vielen Bauten in Sihanoukville jemals fertiggestellt werden, ist unklar. Einige sind zu modernen Ruinen geworden, überwuchert von Pflanzen. Sie wirken wie riesige Mahnmale gegen überdimensionierte Investitionsprojekte.